Tag & Nacht

Emmanuel Macron war am Samstagabend Gast in der Sendung „Rencontres du Papotin“ auf France 2, wo dem Staatschef von einer Gruppe von Journalisten mit Autismus aus der Redaktion der Zeitung Le Papotin ungefiltert intime Fragen gestellt wurden.

Es war ein mit Spannung erwarteter Moment im französischen Fernsehen. Das Interview mit Emmanuel Macron durch mehrere Journalisten, die an Autismus leiden, im Rahmen der Sendung „Les Rencontres du Papotin“ auf France 2 am Samstag, dem 7. Januar. Den Zuschauern wurden angesichts der ungefilterten Fragen der Teilnehmer einige intime, erstaunliche, lustige oder rührende Geschichten aus und rund um das Leben ihres Staatschefs geboten. Es ging auch um Politik, aber vor allem um Geld, Liebe, Angst, Kindheit, Lieder oder auch Poesie. Und während der ganzen Sendung duzte man sich.

„Verdienst du viel Geld?“, fragt einer der Journalisten, die dem Präsidenten der Republik gegenüberstehen. „Um ehrlich zu sein, hatte ich mehr, bevor ich Präsident wurde“, erwidert Emmanuel Macron. „Ich verdiene mehr als der Durchschnitt, aber weniger als diejenigen, die in Unternehmen entscheiden“. „Hast du viele Freunde?“, fragt der Gesprächspartner des Präsidenten erneut. Antwort des Befragten: „Präsident zu sein ist nicht der beste Beruf, um Freunde zu finden“.

Und dann die unverblümte Frage: „Bist du ein Anhänger der Rechten?“. „Ich bin Anhänger von Frankreich und Europa“, erwidert Emmanuel Macron. „Es gibt rechte Ideen, an die ich glaube und die ich verteidige, und es gibt linke Ideen, an die ich glaube und die ich verteidige, und das ist nicht unvereinbar“, meint der Staatspräsident.

„Wie kann man verhindern, dass das Böse gewinnt?“, setzt ein anderer junger Mann nach. Nach einem langen Schweigen gibt Emmanuel Macron seine Antwort: „Man muss jeden Tag sich selbst und die anderen davon überzeugen, dass das Gute ein bisschen besser ist“.

Zum Krieg in der Ukraine erklärt der Staatschef, dass die russische Armee an der ukrainischen Front im Nachteil ist, aber „nicht besiegt ist“. Zu Wladimir Putin erklärt der französische Präsident, dass „wenn man ihn so trifft, er nicht unangenehm ist“. „Das ist das Paradoxe“, fügt er hinzu. „Aber es gibt nichts, was es rechtfertigen würde, einen Krieg zu beginnen“.

Es gab auch Momente, in denen Emmanuel Macron mitsummte, als einige der jungen Menschen ihm gegenüber sangen. Dies war der Fall bei „Love me, please love me“ von Michel Polnareff oder „Le blues du businessman“ aus Starmania. Anschliessend trug Emmanuel Macron laut ein Gedicht vor. Es handelte sich um „Green“, ein Gedicht von Paul Verlaine.

Dem Präsidenten der Republik wurden auch intimere Fragen gestellt. „Vermisst du Manette (Emmanuel Macrons Großmutter, die in den Hautes-Pyrénées lebte)?“ „Ja, ich vermisse sie, weil sie sich als ich Kind und Jugendlicher war, sehr um mich gekümmert hat. Es war eine selbstlose Liebe. Sie hat mir ihre Liebe und ihre Zeit geschenkt und ich glaube, dass sie nie eine Gegenleistung erwartet hat“.

Auf die Frage nach seiner größten Angst als Präsident der Republik gab Emmanuel Macron die Angst „vor Terroranschlägen auf unsere französischen Landsleute“ an. „Und als Emmanuel?“, ergänzte der Journalist. „Es ist das Verschwinden meiner Angehörigen, einen geliebten Menschen zu verlieren“, gesteht der Staatschef.

Und dann kommt die Bemerkung von Adrien, einem der Papotin-Journalisten, über das Paar, das Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte bildet. Adrien traut sich nicht, seine Bemerkung selbst vorzulesen, und hält Macron sein Papier hin: „Er ist der Präsident, er sollte mit gutem Beispiel vorangehen und nicht seine Lehrerin heiraten“.

Gelächter der Teilnehmer und Emmanuel Macrons Antwort: „Wenn du verliebt bist, kannst du dir das nicht aussuchen. Es fällt dir einfach zu. Und sie war nicht wirklich meine Lehrerin, sie war meine Theaterlehrerin. Das zählt nicht so richtig! Das ist nicht wie bei einer Mathelehrerin“. Das Publikum lacht und einer der jungen Leute ruft: „Ah le malin … le malin!“.

„Le Papotin“ ist eine Zeitung in Papierform, die 1990 von einem Erzieher der Tagesklinik von Antony im Departement Hauts-de-Seine ins Leben gerufen wurde. Seit September strahlt France Télévisions das Fernsehformat „Les rencontres du Papotin“ aus, das von dem Psychologen Julien Bancilhon geleitet wird.


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