Tag & Nacht

In einem bedeutsamen Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Frankreich wegen der Haftbedingungen von zwei Gefangenen während eines sozialen Protestes im März 2019 in der Haftanstalt Condé-sur-Sarthe in der Normandie gerügt. Die Gefangenen wurden jeweils mit 2.000 Euro für erlittene seelische Leiden entschädigt.

Hintergrund des Urteils

Das Urteil fiel am Donnerstag, dem 18. April, und behandelte die spezifischen „materiellen Haftbedingungen“ der beiden Inhaftierten während eines sozialen Unruhezustandes, der durch einen gewalttätigen Vorfall in der Anstalt ausgelöst wurde. Ein Inhaftierter, der eine 30-jährige Haftstrafe verbüßte und sich im Gefängnis radikalisiert hatte, verletzte zwei Wärter und verschanzte sich anschließend mit seiner Partnerin fast zehn Stunden lang in einer familienähnlichen Wohneinheit der Anstalt. Der Vorfall endete tragisch mit dem Tod der Frau durch Polizeischüsse während des Einsatzes des Raid, einer Spezialeinheit der französischen Polizei.

Beschwerde über die Haftbedingungen

Während des anschließenden Gefängniswärterstreiks, der sich schnell auf mehrere französische Gefängnisse ausweitete, wurden die Haftbedingungen erheblich verschärft. Die beiden Kläger berichteten, dass sie für etwa 20 Tage, 24 Stunden am Tag, in ihren Zellen eingesperrt waren. Sie beklagten, dass sie ihre Mülltonnen nur selten leeren konnten und während des Streiks nur sehr eingeschränkten Zugang zu Telefonen hatten. Zudem war es ihnen kaum möglich, Briefe an ihre Angehörigen zu senden oder zu empfangen.

Die Reaktion des französischen Staates

Die französische Regierung verwies auf die „außergewöhnliche“ Natur der Situation und betonte, dass die Gefängniswärter kein Streikrecht hätten. Sie hob hervor, dass die Gefängnisverwaltung erhebliche Anstrengungen unternommen habe, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und würdige Haftbedingungen zu gewährleisten, auch wenn nur sehr wenige Personalressourcen zur Verfügung standen.

Schlussfolgerungen des Gerichts

Trotz der Argumente der französischen Regierung stellte der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, der die Vermeidung von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen garantiert. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Aufrechterhaltung angemessener Haftbedingungen, selbst unter außergewöhnlichen Umständen, und betont die Verantwortlichkeit der Staaten, die Rechte aller Personen unter ihrer Jurisdiktion zu schützen.


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