Laurent Vinatier, ein französischer Forscher und Mitarbeiter einer Schweizer NGO, wurde in Russland festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, militärische Informationen gesammelt und gegen das russische Gesetz über „ausländische Agenten“ verstoßen zu haben. Diese Verhaftung fällt in eine Zeit verschärfter Spannungen zwischen Paris und Moskau, insbesondere wegen der Unterstützung Frankreichs für die Ukraine.
Festnahme in Moskau: Die Vorwürfe
Am 6. Juni veröffentlichten die russischen Behörden eine Videoaufnahme auf Telegram, die die Festnahme eines französischen Staatsbürgers in einem Moskauer Restaurant zeigt – das Gesicht des Mannes wurde unkenntlich gemacht. Laut dem russischen Untersuchungskomitee wird gegen Laurent Vinatier, einem Mitarbeiter des Schweizer Centre for Humanitarian Dialogue (HD), wegen „gezielter Sammlung von Informationen im Bereich militärischer und militärisch-technischer Aktivitäten“ ermittelt. Diese Informationen könnten laut den Behörden gegen die Sicherheit des russischen Staates verwendet werden.
Gesetzesverstoß: Artikel 330.1 des russischen Strafgesetzbuches
Die Anschuldigungen gegen Vinatier basieren auf Artikel 330.1 des russischen Strafgesetzbuches, der Personen, die unter ausländischem Einfluss stehen oder Unterstützung aus dem Ausland erhalten, verpflichtet, sich als „ausländische Agenten“ registrieren zu lassen. Dieses Gesetz betrifft auch diejenigen, die nicht klassifizierte Informationen über militärische Angelegenheiten sammeln. Verstöße gegen dieses Gesetz können mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Ein prominenter Fall aus jüngster Vergangenheit ist der der russo-amerikanischen Journalistin Alsu Kurmasheva, der im Oktober 2023 unter dem gleichen Vorwurf angeklagt wurde.
Wer ist Laurent Vinatier?
Die Identität des Verhafteten wurde kurze Zeit später durch die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass enthüllt. Laurent Vinatier, 48 Jahre alt, ist ein renommierter Forscher im Bereich der postsowjetischen Staaten. Seine akademische Laufbahn umfasst unter anderem eine Doktorarbeit über den Tschetschenien-Konflikt. Derzeit arbeitet er als Berater für das Schweizer Centre for Humanitarian Dialogue und konzentriert sich auf Russland, die Ukraine, Moldawien, Tadschikistan, Aserbaidschan und Usbekistan.
In einem Statement erklärte die NGO, dass man „alle Anstrengungen unternehmen, um mehr über die Umstände der Verhaftung zu erfahren und die Freilassung von Laurent zu erreichen“. Zudem versuchen sie, ihm rechtlichen Beistand in Russland zu verschaffen.
Politische Reaktionen und diplomatische Spannungen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die „schnellstmögliche Freilassung“ von Vinatier. Er betonte, dass Vinatier nicht für die französische Regierung, sondern für eine internationale NGO arbeitet, die „vieles für führende internationale Persönlichkeiten leistet“.
Diese Verhaftung findet inmitten zunehmender Spannungen zwischen Paris und Moskau statt. Russland wirft Frankreich vor, die Ukraine militärisch zu unterstützen und droht bei jeder weiteren Unterstützung mit Repressalien. Unmittelbar nach der Verhaftung kündigte Macron an, die Ukraine mit Mirage 2000-5-Kampfflugzeugen zu unterstützen und ukrainische Soldaten in Frankreich auszubilden. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete diese Maßnahmen als „extrem provokativ“ und sah darin ein Zeichen, dass „Frankreich bereit ist, direkt am Konflikt teilzunehmen“.
Ein vergiftetes Verhältnis
Diese Entwicklungen reihen sich in eine Serie von Vorfällen ein, die das französisch-russische Verhältnis belasten. Frankreich sieht sich zunehmenden Versuchen russischer Einflussnahme gegenüber, darunter Akte des Vandalismus an Holocaust-Gedenkstätten und andere provokative Aktionen. Premierminister Gabriel Attal sprach von „einem Gift, das versucht, die öffentliche Meinung zu manipulieren“ und nannte dies „unsere neue weltweite Bedrohung“.
Ein weiterer beunruhigender Vorfall ereignete sich, als ein 26-jähriger Mann mit russisch-ukrainischer Staatsbürgerschaft in der Nähe des Flughafens Roissy festgenommen wurde, nachdem er sich beim Bau einer selbstgemachten Bombe schwer verbrannt hatte. Es gibt Hinweise darauf, dass er möglicherweise in der russischen Armee gedient hat, und der nationale Anti-Terror-Staatsanwalt hat die Ermittlungen übernommen.
Die Festnahme von Laurent Vinatier verdeutlicht die schwierige Lage internationaler Forscher und NGOs in Russland. Die diplomatischen Spannungen zwischen Frankreich und Russland verschärfen sich weiter, da beide Nationen ihre Positionen im Ukraine-Konflikt verteidigen. Vinatier’s Fall könnte in den kommenden Wochen ein Testfall für die diplomatischen Fähigkeiten beider Länder sein. Die Welt wird beobachten, wie sich dieses Drama entwickelt – und welche weiteren Konsequenzen es haben könnte.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!