Tag & Nacht

In Frankreich kochen die Gemüter hoch, und die Straßen füllen sich mit Protestierenden. Grund sind Lohnverhandlungen, die auf eine harte Probe gestellt werden. Rund 5,7 Millionen öffentliche Bedienstete haben am Dienstag, dem 19. März, die Öffentlichkeit der nationalen Aufmerksamkeit gesucht, um für eine Verbesserung ihrer Bezahlung zu kämpfen. Ein Aufruf, der weit über Paris hinaus in den Regionen Frankreichs Widerhall findet. Marylise Léon von der Gewerkschaft CFDT und Sophie Binet von der Gewerkschaft CGT, zwei führende Stimmen im Chor der Unzufriedenen, fordern die Regierung lautstark auf, sich unverzüglich an den Verhandlungstisch zu setzen.

Die Forderung nach höheren Löhnen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Frankreichs schwebt seit Monaten wie ein Damoklesschwert über der Regierung, eine Forderung, die inmitten finanzpolitischer Zwänge bisher kein Gehör fand. Die Gewerkschaften setzen sich nicht für einmalige Erhöhungen ein – sie haben bereits im Jahr 2022 und 2023 Zugeständnisse von 3,5 % bzw. 1,5 % erreicht. Was sie verlangen, sind generelle Anhebungen und – um es in den Worten von Marylise Léon zu sagen – „vor allem echte Verhandlungen“.

Die aktuelle Mobilisierung spiegelt ein breites Spektrum des öffentlichen Unmuts wider. Mit den Olympischen Spielen vor der Tür, für die die Gewerkschaften CGT und FO bereits Streikankündigungen machten, gewinnt die Bewegung an Dringlichkeit.

Dennoch, trotz einer seltenen Einigkeit unter den Gewerkschaften, bleiben die Erwartungen an die Streikbeteiligung hinter jenen der Proteste gegen die Rentenreform Anfang des Jahres 2023 deutlich zurück. Aber es gibt Bereiche, insbesondere im Bildungssektor, wo der Unmut besonders stark zutage tritt.

Lehrerinnen und Lehrer erheben ebenfalls ihre Stimmen, nicht nur wegen der Lohnfrage, sondern auch gegen die Bildungspolitik der Regierung, einschließlich der umstrittenen Bildung von „Bildungs-Gruppen“ in Mittelschulen, die nach Ansicht der Gewerkschaft CGT Educ’action nur den Boden für schulische Segregation und soziale Auslese bereitet.

Die Antwort der Regierung? Stanislas Guerini, Minister für den öffentlichen Dienst und treuer Gefährte von Emmanuel Macron, bleibt hart. Nachdem bereits fast 14 Milliarden Euro seit 2022 zur Stützung der Kaufkraft der öffentlichen Bediensteten ausgegeben wurden, weist er die aktuellen Forderungen nach weiteren Gehaltserhöhungen zurück. Stattdessen schlägt er jährliche Lohnverhandlungen vor, ein Modell, das in der Privatwirtschaft üblich ist.

Aber die Gewerkschaften sind nicht überzeugt. Die Sorge, dass 2024 ein „leeres Jahr“ ohne Lohnerhöhungen werden könnte, teilen alle acht repräsentativen Gewerkschaften.

Nachdem die letzte Lohnverhandlung abrupt endete – sieben Gewerkschaften verließen den Raum aus Protest gegen die „hochgradig parteiische“ Darstellung der Regierung – bleibt die Frage: Wer bewegt sich zuerst?

Im Kampf um faire Löhne, der die Straßen Frankreichs heute erfasst hat, offenbart sich eine tiefere Unzufriedenheit. Eine Unzufriedenheit, die nicht nur in Zahlen Ausdruck findet, sondern in dem Gefühl, am Rande der Belastbarkeit zu stehen. Ist es wirklich zu viel verlangt, dass diejenigen, die den öffentlichen Dienst am Laufen halten, für ihre Arbeit fair entlohnt werden?

Das Echo dieser Frage hallt in den Straßen wider, ein Ruf nach Gerechtigkeit in einer Zeit der Unsicherheit. Die Botschaft ist klar: Ein Kompromiss muss her. Doch wer wird den ersten Schritt machen in einem Tauziehen, das so alt ist wie die Republik selbst – das Tauziehen zwischen Regierung und jenen, die sie am Laufen halten?


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