Tag & Nacht

Die Befürworter von 110 km/h auf Autobahnen konnten dies aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht durchsetzen, werden sie es nun dank der Klimaerwärmung und der notwendigen Energieeinsparungen erreichen? Der Verein „40 millions d’automobilistes“ will mit einer Online-Petition Widerstand leisten.

Was wäre, wenn die 150 Mitglieder des Bürgerkonvents für den Klimaschutz Recht behalten würden? Am 21. Juni 2020 hatten sie der Regierung 149 Vorschläge unterbreitet, um zur Verringerung der globalen Erwärmung beizutragen. Laut den damaligen Umfragen schien nur einer davon den Franzosen nicht zu gefallen: die Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf französischen Autobahnen auf 110 km/h. Eine Maßnahme, die auch Emmanuel Macron damals zurückgewiesen hatte.

Doch der heiße Sommer, den Frankreich gerade erlebt hat, hat diese Idee wieder in den Focus der Diskussion gerückt. Das ehemalige Mitglied des IPCC, der Klimaforscher Jean Jouzel, forderte am 1. September die Regierung auf, angesichts der Dringlichkeit der Situation einen Rückzieher zu machen und die Empfehlung des Bürgerkonvents aus dem Jahr 2020 jetzt umzusetzen.

63% der Befragten sind bereit, ihre Geschwindigkeit zu reduzieren.
Zur Erinnerung: Im Jahr 2020 erklärte die damalige Verkehrsministerin, die niemand anderes als Elisabeth Borne war, dass sie für 110 km/h auf Autobahnen sei – „aus persönlicher Überzeugung“. Vor einigen Tagen sagte Elisabeth Borne – jetzt Premierministerin, dass das Thema heikel sei und man Maßnahmen finden müsse, die auf breite Zustimmung stoßen. Das ist jedoch nicht einfach, wenn zwei so gegensätzliche Lobbys wie der Verband „40 millions d’automobilistes“ und der Verband „Agir pour l’environnement“ sich eine Medienschlacht liefern.

Die Umweltorganisation „Agir pour l’environnement“ profitiert von der heißen Aktualität des vergangenen Sommers. Eine Ifop-Umfrage ergab, dass 63% der Befragten dazu bereit sind, ihre Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Autolobby bezeichnete die Umfrage als einseitig und kritisiert insbesondere die Frage: „Wären Sie persönlich bereit, Ihre Geschwindigkeit auf der Autobahn auf 110 km/h zu reduzieren, speziell um Kraftstoff zu sparen?“. Eine Frage, die angesichts der derzeitigen Inflation und Energiekrise jedoch durchaus legitim ist.

Am 5. September 2022 startete die Auto-Lobby eine Petition, die in den sozialen Netzwerken weite Kreise zieht. „Wir rufen die Verkehrsteilnehmer auf, in ihrer Mobilisierung gegen das Projekt nicht nachzulassen und sich nicht zu beugen“, schreibt die Organisation „40 millions d’automobilistes“ und argumentiert: Für die Umweltschützer behaupten, dass die Senkung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen einen Gewinn von 25% bei den CO2-Emissionen bedeute – der Haken sei aber, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf Autobahnen bereits heute aufgrund von Baustellen oder Sommerstaus bei 118 km/h liegt. Diese Maßnahme würde also keinen signifikanten Gewinn bringen, versichern die Vielfahrer, die es eilig haben, so schnell wie möglich von A nach B zu gelangen.

110 km/h auf Autobahnen könnte 125 €/Jahr und Haushalt einsparen.

La Depeche du Midi hat einen Test zwischen Toulouse und Agen mit zwei Renault Clios durchgeführt. Die Zeitersparnis auf 112 km für das Fahrzeug, das 130 Km/h fuhr, betrug 7 Minuten. Da stellt sich in der Tat die Frage nach dem Nutzen und den Kosten der Beibehaltung der Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen.

Ein Dutzend Länder in Europa haben sich bereits für eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit entschieden. Eine am 6. September von Asterès veröffentlichte Studie aus Frankreich zeigt, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 110 km/h auf Autobahnen zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch und zu jährlichen Einsparungen von 125 € pro Haushalt führen würde, wobei zu bedenken ist, dass die Franzosen im Durchschnitt 31% der mit dem Auto zurückgelegten Strecken auf Autobahnen zurücklegen.

Die erste und grösste Hürde in dieser Frage scheint in der Tat eine gewisse Barriere in den Köpfen der Autofahrer zu sein, die es zu beseitigen gilt.


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