Sie hätten es besser wissen müssen, Frau Macron. Wirklich. Worte wie „sales connes“ — also etwa „blöde Weiber“ — sind vielleicht geeignet für den Aperitif im kleinen Kreis, bei dem man sich nach einem langen Tag die verbale Korsage lockert. Aber wenn Sie als Première Dame Frankreichs backstage mit einem umstrittenen Komiker tuscheln, dessen Rückkehr auf die Bühne von Protesten begleitet wird, dann ist das Mikrofon nie wirklich aus. Dann ist jede Silbe politisch. Und ja: Dann ist selbst der Flurfunk historisch aufgeladen.
Man möchte fast Mitleid haben: Diese armen „sales connes“ von #NousToutes, die es doch tatsächlich gewagt haben, die makellose Aura eines von der Justiz freigesprochenen Entertainers mit ihrer maskierten Gegenwart zu stören. Welch eine Dreistigkeit! Welch eine Respektlosigkeit gegenüber der Kunst! Dass die betroffenen Aktivistinnen sich auf ihr gutes Recht zur Meinungsäußerung berufen, spielt da offenbar keine Rolle. Sie sind eben nicht eingeladen worden zum Salon de la République. Und sie tragen Masken…
Es wirkt fast nostalgisch, wie sehr Sie, Frau Macron, in diesem Moment das politische Frankreich der 1970er Jahre wachrufen: eine Zeit, in der Protest noch mit einem verächtlichen Lächeln quittiert und Feministinnen als hysterisch oder eben „connes“ abgetan wurden. Gratulation! Mit einem einzigen Satz haben Sie es geschafft, Jahre mühsamer gesellschaftlicher Debatten mit einem eleganten High-Heel-Tritt Richtung Abgrund zu stossen.
Natürlich, Ihr Umfeld bemühte sich schnell um Schadensbegrenzung. Man solle das „nicht so ernst nehmen“, es sei „ein Scherz“ gewesen. Wie praktisch, dass Humor immer dann bemüht wird, wenn die politische Eleganz ins Stolpern gerät. Nur: Wer sich in der Öffentlichkeit bewegt, trägt Verantwortung. Und wer, wie Sie, eine moralisch aufgeladene Rolle zwischen Staatsräson, Kultur und Bildungsbürgertum einnimmt, der kann sich nicht auf die Ausrede des Privaten zurückziehen, wenn der öffentliche Auftritt misslingt.
Denn das war kein Fauxpas bei einem privaten Dinner im Élysée. Das war keine unbedachte Bemerkung im Vertrauen. Das war ein Akt politischer Verachtung, der in eine Kamera gesprochen wurde – an der Seite eines Mannes, der zum Symbol für den schwierigen Umgang der Gesellschaft mit sexualisierter Gewalt geworden ist.
Sie wollten loyal sein, Frau Macron. Loyal zu einem Freund. Verständlich, menschlich, sogar ehrenwert. Aber in der Priorisierung Ihrer Solidarität haben Sie sich entschieden – gegen jene, die keine Stimme im Élysée haben. Gegen jene, die ihre Empörung auf Plakate schreiben müssen, weil sie sonst niemand hört.
War das ein Fehler? Nein. Es war ein Statement.
Und es war Ihrs.
Von Andreas Brucker
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