Tag & Nacht

Das olympische Dorf, das sich über drei Gemeinden im Departement Seine-Saint-Denis erstreckt, soll ein Modell für Gastfreundschaft und Umweltschutz sein. In den Zimmern wurden Betten aus Pappe verwendet, um Kosten zu sparen und das Material recyceln zu können.

Am Freitag, dem 1. März, wird dem Organisationskomitee der Olympischen Spiele von Paris 2024 ein riesiger Schlüsselbund überreicht: 45.000 brandneue Schlüssel. Sie öffnen die Türen zu 82 Wohngebäuden und etwa 3.000 Wohnungen. Das Athletendorf wird ab dem 18. Juli die olympischen und paralympischen Sportler beherbergen. Bis dahin wird das Organisationskomitee es entsprechend ausstatten und in den gewünschten Farben gestalten können. Der Ort war eine der größten Baustellen der Spiele, für die sechs Jahre Bauzeit erforderlich waren. Die Sportstadt, deren Kosten auf fast 2 Milliarden Euro beziffert werden, wurde hauptsächlich von Immobilienentwicklern finanziert.

Das Dorf erstreckt sich über drei Gemeinden am Ufer der Seine und soll laut Laurent Michaud, dem Direktor des olympischen Dorfes, „den Athleten alle notwendigen Dienstleistungen bieten, damit sie sich voll und ganz auf ihre Wettkämpfe konzentrieren können“. Dazu gehören Wäschereien, ein rund um die Uhr geöffnetes Restaurant in der Cité du cinéma, Take-aways (im olympischen Dorf spricht man von „grab and go“), Geschäfte, ein multi-konfessionelles Zentrum zum Beten, eine Poliklinik, eine Post, ein Friseur, eine Kindertagesstätte, eine Sporthalle und mehrere Trainingsplätze. Eine mittelgroße Stadt, die nacheinander fast 24.000 Einwohner beherbergen wird – Sportler und Betreuer mitgerechnet.

Alles, außer Alkohol, denn Wein oder französische Biere werden bei der Feier einer Medaille nicht mit von der Partie sein. Als einziger Exzess für den Körper darf das berühmte Karamellgetränk eines Sponsors in Strömen fließen. Das Risiko von Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen betrunkener Partys ist daher eher gering. Ebenso wie das Risiko von Streitigkeiten aufgrund politischer Debatten, da es nicht erlaubt sein wird, auf dem Balkon ein Banner mit politischen Statements oder Forderungen wehen zu lassen. Im Moment sind die Gebäude leer und nur vereinzelte Hammerschläge stören die Stille, wenn man ein Fenster öffnet. Es müssen noch kleinere Arbeiten erledigt werden: Türen müssen eingebaut, Verkleidungen ausgerollt und Pflanzen in die Erde gebracht werden – viele Pflanzen. Das Dorf soll mit 9.000 Bäumen und Sträuchern verziert werden.

Die Klimaanlagen wurden aus den Zimmern verbannt.
Die Begrünung des olympischen Dorfes ist kein nettes Detail, sie soll dazu dienen, die Temperatur bei möglichen Hitzewellen zu senken. Ebenso wie die kühlenden Fußböden, die in den 7.200 Zimmern installiert wurden. Denn um die Umweltverpflichtungen einzuhalten, hat Paris 2024 die Klimaanlage auf die Verbotsliste gesetzt. Die Sportler dürfen höchstens einen Ventilator benutzen. Die verwendeten Materialien sollen sicherstellen, dass die Gäste sich ausruhen und schlafen können, ohne dass sie unter Hitze leiden. Die Betten wurden aus Karton hergestellt, um sie später zu recyceln, ein Modell, das sich schon bei den letzten Spielen in Tokio bewährt hat. Man hatte im Vorfeld Sportler befragt, die diese Betten als ausreichend komfortabel bewerteten.

Im Inneren der Wohnungen gibt es keine Küche, um Platz zu sparen und die Anzahl der Zimmer zu erhöhen. Wenn die Spiele vorbei sind, kann eine einfache Trennwand herausgerissen werden, um die Athleten-Wohnungen in richtige Wohnungen umzuwandeln. Mehrere dieser Wohnungen werden bereits zum Verkauf angeboten. Wer 2025-2026 das olympische Dorf zu seiner zukünftigen Adresse machen möchte, kann ab sofort eine Wohnung reservieren. Auf der Website eines der Bauträger ist die günstigste Wohnung eine 41 m² große Zweizimmerwohnung in der Gemeinde Saint-Ouen, die für 305.000 Euro angeboten wird. Das sind fast 7.500 Euro pro Quadratmeter, ein ähnlicher Preis wie im 18. Arrondissement der Hauptstadt, das 6 Kilometer entfernt liegt. Die Vermarktung soll derzeit noch schleppend verlaufen…

Der Immobilienkonzern Icade preist im Internet „ein gemischtes Viertel im Entstehen, besonders innovativ und interessant, das ein dynamisches Nachbarschaftsleben in einer sich ständig verändernden Gemeinde bieten wird“. „Natur in der Stadt“, verspricht der Konkurrent Nexity. Der Bauträger Vinci verspricht sogar, „einen Lebensraum zu schaffen, der für Fauna und Flora besonders günstig ist“. Im Moment brauchen potenzielle Käufer vor allem viel Fantasie. Die Realität sieht noch nicht so aus wie auf den Skizzen der Architekten.

Das neu geschaffene Wohngebiet soll ein Studentenwohnheim, Kinderkrippen, Bildungseinrichtungen, Geschäfte und mehr beherbergen. Das Gebiet, das früher eine Industriebrache war, soll zu einem bunten Leben erweckt werden.


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