Angekündigte Innovation wird zur Enttäuschung
Fliegende Taxis, einst als Highlight der Mobilität für die Olympischen Spiele in Paris 2024 angepriesen, haben nicht rechtzeitig ihre Zertifizierung erhalten. Valérie Pécresse, die Präsidentin der Region Île-de-France, musste sich scharfe Kritik von der Opposition gefallen lassen. Diese bezeichnen die fliegenden Taxis als „Potemkinsche Dörfer“, „bling-bling“ und „unnütz“. Sie werfen vor, dass diese auf Kosten der Steuerzahler finanziert wurden. Die Vision von elektrischen Fluggeräten, die zwei Personen befördern können, gerät zunehmend ins Wanken, je näher die Spiele rücken.
Verzögerte Zertifizierung
Das deutsche Unternehmen Volocopter, Hersteller des Volocity, hoffte, vor den Olympischen Spielen eine Zertifizierung zu erhalten. Nun ist der Herbst als neuer Zeitrahmen angepeilt, wie Vertreter am Rande der Technologie-Messe VivaTech in Paris am 22. Mai erklärten. Jean-Christophe Drai, Verantwortlicher von Volocopter für Frankreich, räumt ein: „Manchmal entdeckt man Dinge erst im Laufe des Projekts. Daher gab es eine kleine Verzögerung.“
Ohne Zertifizierung dürfen die Volocitys jedoch keine kommerziellen Flüge durchführen, sondern lediglich Demonstrationsflüge. Sollten fliegende Taxis im Sommer am Himmel über der Île-de-France zu sehen sein, handelt es sich lediglich um „Tests“. An Bord sind nur der Pilot und eventuell ein Beobachter, sofern die Behörden dies genehmigen. Edward Arkwright, Geschäftsführer von ADP (Aéroports de Paris), bestätigt: „Wir werden während der Olympischen und Paralympischen Spiele keine zahlenden Passagiere haben. Unser Ziel bleibt jedoch, bis Ende des Jahres zahlende Passagiere zu befördern.“
Fokus auf Notfalltransporte
Valérie Pécresse betont in der Regionalversammlung die Bedeutung einer „weltweiten Erprobung im Rahmen der Olympischen und Paralympischen Spiele“ und hebt den Notfalltransport von Verletzten oder Ärzten als Hauptanwendung hervor. Dies sei der „erste Nutzungsfall“ des Volocitys, während der Transport von Privatpersonen von den Pariser Flughäfen der „zweite Nutzungsfall“ sei. Noch im Juni 2023 hob ein ADP-Kommuniqué hervor, dass die Dienste für die breite Öffentlichkeit zugänglich sein sollten und bestehende Verkehrsmittel in der Île-de-France ergänzen würden.
Alban Negret von ADP ergänzt, dass solche Notfalltransporte ab dem letzten Quartal 2024 simuliert würden, um Daten zu generieren und die Fahrzeit des Fluggeräts mit der eines Bodentransports oder Hubschraubers zu vergleichen. Valérie Pécresse betont: „Die Wahrheit ist, dass der Volocity im Notfalltransport Leben retten kann.“
Mehr Kapazität für die Zukunft
Pécresse hebt hervor, dass das Ziel der Projektförderer nicht ein fliegendes Taxi sei, sondern eine Luftfähre für sechs bis acht Personen, die zum selben Preis wie ein Bodentaxi zum Flughafen gelangen soll. Dirk Hoke, Chef von Volocopter, spricht hingegen von einem neuen Vier-Personen-Gerät, das Anfang 2027 in Betrieb genommen werden soll. „Da liegt das eigentliche Geschäftspotenzial“, erklärt Hoke. Ein kommerziell rentables Modell ist mit nur einem Passagier nicht möglich. Verschiedene Hersteller weltweit arbeiten an Geräten für drei bis vier Passagiere, was die von Pécresse genannten sechs bis acht Personen jedoch in weiter Ferne zu rücken scheint.
Hürden für den Pariser Überflug
Auch die versprochenen Routen stoßen auf Hindernisse. Der geplante Vertiport am Quai d’Austerlitz im Herzen von Paris wartet weiterhin auf die Genehmigung des Verkehrsministeriums. ADP bestätigt, dass die schwimmende Plattform legal errichtet wird, und betont, dass die Struktur unabhängig von der staatlichen Genehmigung installiert wird. Im Februar hatte der Kommissar der öffentlichen Untersuchung eine negative Stellungnahme abgegeben.
Falls die Genehmigung nicht rechtzeitig erteilt wird, kann die geplante Route mit einem Zwischenstopp im Zentrum der Hauptstadt nicht erprobt werden. ADP erklärt, dass die Installation am Quai d’Austerlitz „vorübergehend“ sei und „am Ende des Jahres entfernt wird“. Für die Schaffung dieser Plattform hat die Region Île-de-France eine Million Euro aus dem GLI-Programm (Grands lieux d’innovation France 2030) bereitgestellt. Anfang Mai hatten Extinction Rebellion-Aktivisten aus Protest das Gebäude der Generaldirektion der Zivilluftfahrt in Paris mit Farbe besprüht.
Was bleibt von den fliegenden Taxis?
Insgesamt scheint der Traum von fliegenden Taxis für die Olympischen Spiele 2024 geplatzt zu sein. Zwar mag es Demonstrationsflüge und erste Notfalltransporte geben, doch die Vision von einem flächendeckenden, kommerziellen Betrieb rückt in weite Ferne. Es bleibt abzuwarten, ob die ambitionierten Ziele langfristig realisiert werden können oder ob die fliegenden Taxis ein weiteres Beispiel für überzogene Innovationsversprechen bleiben.
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