Das Paris-Syndrom beschreibt einen Zustand, in dem japanische Touristen nach ihrem Aufenthalt in der französischen Hauptstadt in eine Depression verfallen könnten. Die Vorstellung, die sie von Paris hatten, wird von der Realität enttäuscht. Doch was sagt die Wissenschaft dazu?
Die Ursprünge des Paris-Syndroms führen zurück zu einem japanischen Psychiater, Hiroaki Ota, der in den 1980er Jahren am Krankenhaus Sainte-Anne in Paris tätig war. Er beobachtete bei einigen seiner japanischen Patienten starke Angstzustände und sogar delirante Verhaltensweisen, die er auf die kulturellen Unterschiede und die daraus resultierende Enttäuschung zurückführte.
Kritik
Jedoch wird Otas Diagnose kritisch betrachtet. Er selbst merkte an, dass viele der betroffenen Patienten Vorgeschichten psychischer Erkrankungen wie Schizophrenie hatten, was sie anfälliger für solche Reaktionen machen könnte. Im Krankenhaus Sainte-Anne wird das Syndrom als zu spezifisch und übermäßig auf Japan bezogen angesehen. Der Psychiater Philip Gorwood hebt hervor, dass das Gefühl der Enttäuschung und des Kulturschocks keineswegs auf Japaner beschränkt sei, sondern universell und sogar bei Franzosen selbst beobachtbar sei, wenn sie von einer Stadt in eine andere ziehen.
Die japanische Botschaft erkennt das Paris-Syndrom nicht offiziell an, und es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, die die Existenz eines solchen Syndroms bestätigen. Vielmehr scheint es, dass die Geschichte des Paris-Syndroms durch soziale Medien und Medienberichte überproportional verbreitet wurde.
Fazit
Das Paris-Syndrom illustriert vielleicht weniger eine medizinische Realität als vielmehr das Phänomen kultureller Desillusionierung, das Menschen überall erleben können, wenn die Realität nicht mit ihren Erwartungen übereinstimmt. Die Frage bleibt: Ist das Paris-Syndrom eine nützliche Diagnose oder eher ein Spiegel unserer global vernetzten Welt, in der Mythen und Missverständnisse so schnell reisen wie die Menschen selbst?
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