Tag & Nacht

Emmanuel Macron versammelt die mit der Energiekrise befassten Minister am Freitag im Elysée-Palast zu einem „Verteidigunsrat“. Nachdem die Regierung zu Sparsamkeit und Anstrengungen jedes Einzelnen aufgerufen hatte, schaltet sie jetzt angesichts der Gefahr von Strom- oder Gasausfällen einen Gang höher.

Ein Zeichen für den Ernst der Lage und für den Willen der Exekutive, entsprechend zu reagieren: Emmanuel Macron wendet zum allerersten Mal das Modell des Verteidigungsrates auf die Energiekrise an. Die Minister versammeln sich im Elysée-Palast und mit Hilfe von Grafiken und Kurven sollen die Versorgungslage und der Zustand der Gas- und Stromvorräte überprüft werden. Es handelt sich um „eine lebenswichtige Herausforderung für das Land im Hinblick auf den Winter“, so die Präsidentschaft. Und zwar in einem Kontext großer Spannungen: Seit gestern hat der russische Riese Gazprom seine Lieferungen an den französischen Konzern Engie komplett eingestellt.

Spannungen auch bei der Stromversorgung: Nur 24 der 56 Atomreaktoren des französischen Stromerzeugers EDF sind derzeit in Betrieb. „Die Franzosen müssen das verstehen“, sagt ein enger Vertrauter des Präsidenten. Und dafür sind Symbole von großer Bedeutung. Dieser Verteidigungsrat, der regelmäßig zusammentreten soll und auf den Pressekonferenzen folgen könnten, ist der Höhepunkt einer Sequenz, die mit Emmanuel Macrons kleinem Satz über „das Ende des Überflusses“ begonnen hat.

„Wie bei Covid-19 und dem Krieg in der Ukraine bringt sich Macron während der Krisen voll ein“, freuen sich seine Unterstützer. Die Opposition ist im Gegensatz dazu der Meinung, dass dieser Verteidigungsrat eher Ausdruck einer Autoritätskrise und eine politische Spielerei ist.

Frankreich hat normalerweise genug Gas, um einen normalen Winter zu überstehen, aber die Situation könnte sich mit kälteren Temperaturen verkomplizieren. Die Devise Macrons lautet daher ganz folgerichtig, sich auf alle Szenarien vorzubereiten, um einen Blackout zu vermeiden und vorsorgliche politische Entscheidungen entsprechend anzupassen.

Das sind die denkbaren Szenarien, über die der Verteidigungsrat heute sprechen wird:

  • Erste Stufe: wiederholte Aufrufe zur Sparsamkeit, damit jeder ein wenig mehr darauf achtet, gegebenenfalls die Heizung herunterzudrehen.
  • Zweite Stufe: von Fall zu Fall Stromabschaltungen für Unternehmen, die besonders viel verbrauchen.
  • Dritte Stufe: ein allgemeiner Spannungsabfall im gesamten Netz, diesmal mit Folgen für alle Bürger. Weniger leistungsfähiges WLAN, etwas schwächeres Licht und Mobiltelefone, die etwas länger zum Aufladen brauchen.

Und schließlich die letzte Stufe: Rationierung. Eine Formel, die Premierministerin Elisabeth Borne vor dem Arbeitgeberverband Medef verwendete. Keine Gasabschaltungen für Haushalte, aber möglicherweise Stromabschaltungen mit einigen Stunden Dunkelheit in französischen Städten.


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