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Mit der Unterzeichnung eines neuen Vertrags, der das Machtgleichgewicht in Europa verändern soll, haben die Staats- und Regierungschefs Italiens und Frankreichs einen Schlussstrich unter frühere Spannungen zwischen ihren Ländern gezogen.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und der italienische Premierminister Mario Draghi haben am Freitag im Quirinale-Palast, dem Amtssitz von Staatspräsident Sergio Mattarella, ein Abkommen unterzeichnet.

Die Vereinbarung zielt darauf ab, das Machtgleichgewicht in Europa nach dem Ausscheiden der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu verschieben, so italienische Regierungsquellen. Das Abkommen soll die Zusammenarbeit zwischen den Frankreich und italien in den Bereichen Wirtschaft und Industrie, Kultur und Bildung, Sicherheit, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Außenpolitik fördern.

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Das Projekt wurde erstmals 2018 unter dem damaligen italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni ins Auge gefasst, doch die Beziehungen zwischen Rom und Paris verschlechterten sich nach der Wahl der populistischen Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung.

Auf einer Pressekonferenz betonten die Staats- und Regierungschefs der beiden Mittelmeermächte, die seit langem durch historische, kulturelle und sprachliche Bindungen verbunden sind, ihre Nähe, aber auch ihr gemeinsames Engagement für das EU-Projekt im weiteren Sinne.

Draghi sprach von einem „historischen Moment“, der „den Prozess der europäischen Integration begünstigen und beschleunigen soll“.

Macron meinte, der Vertrag „besiegelt eine tiefe Freundschaft“. „Als Gründungsländer der EU verteidigen wir ein stärker integriertes, demokratischeres und souveräneres Europa“, fügte er hinzu.

Macron: „Als Gründungsländer der EU verteidigen wir ein stärker integriertes, demokratischeres und souveräneres Europa“

Der Vertrag wurde nur wenige Wochen vor der Übernahme der rotierenden EU-Ratspräsidentschaft durch Frankreich im Januar.

Der chaotische Austritt Großbritanniens und die Auseinandersetzungen zwischen den liberalen Demokratien der EU und ihren östlichen Nachbarn haben den Block in Unruhe versetzt, während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die de facto die stärkste Stimme in der EU ist, nach der Wahl ihres Nachfolgers Anfang Dezember endgültig abtritt.

Macron betonte, dass die beiden Länder „schwierige Momente“ erlebt hätten. Damit spielte er wahrscheinlich auf eine diplomatische Krise Anfang 2019 an, als die damalige populistische Regierung Italiens den französischen Präsidenten offen kritisierte.

Mit einer neuen Regierung in Rom verbesserten sich die Beziehungen später im Jahr und wurden mit dem Amtsantritt von Draghi, einem ehemaligen Chef der Europäischen Zentralbank, Anfang des Jahres noch stärker.

Draghi dankte Macron für die Auslieferung ehemaliger Mitglieder der linksradikalen Roten Brigaden, die Italien in den 1970er und 1980er Jahren terrorisierten. Deren jahrzehntelanger Unterschlupf in Frankreich war eine langjährige Quelle von Spannungen.

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Auch schwelt in Italien der Unmut über ein Gefühl, von den europäischen Verbündeten mit der Bewältigung der Migranten-Ströme aus Nordafrika, die jedes Jahr an der italienischen Küste ankommen, allein gelassen zu werden.

Draghi sagte, beide Seiten seien sich einig, dass die EU eine gemeinsame Migrations– und Asylpolitik brauche.


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