Seit zwei Jahren sorgt der Autobahnbau der A69 für erbitterte politische Kämpfe. Nun hat das Verwaltungsgericht Toulouse das Projekt ausgebremst – ein schwerer Rückschlag für seine Befürworter.
Ein symbolträchtiges Projekt gerät ins Wanken
Die sozialistische Regionalpräsidentin von Okzitanien, Carole Delga, hat die A69 stets verteidigt wie eine Löwin ihr Junges. Für sie ist die Verbindung zwischen Castres und Toulouse überlebenswichtig für die Wirtschaft der Region – und eine Möglichkeit, dem Erstarken des Rassemblement National entgegenzuwirken.
Doch als das Verwaltungsgericht am 27. Februar entschied, die Genehmigung für das Projekt zu kippen, blieb Delga auffallend still. Kein wütender Protest, kein Fernsehinterview – nur eine knappe Pressemitteilung, in der sie „die Entscheidung zur Kenntnis nimmt“ und an die „tausend betroffenen Arbeiter“ denkt.
Warum diese Zurückhaltung? Der Richterspruch war eindeutig: Das Projekt erfülle „keinen zwingenden öffentlichen Nutzen“, der die Umweltzerstörung rechtfertige. Kurz gesagt – illegal. Für eine linke Politikerin, die Umweltschutz zumindest auf dem Papier ernst nimmt, ein unangenehmes Urteil.
Empörung in der Politik – und ein teures Problem für den Staat
Während Delga sich zurückhält, machen andere ihrem Ärger Luft. Philippe Folliot, zentristischer Senator des Tarn, spricht von einer „schockierenden“ Entscheidung. Der konservative Abgeordnete Bernard Carayon warnt vor horrenden Folgekosten: Sollte das Urteil in der Berufung bestätigt werden, müsste der Staat den privaten Autobahnbetreiber für entgangene Gewinne über 55 Jahre entschädigen – und die bereits zerstörten Naturräume wiederherstellen.
Auch der Verkehrsminister Philippe Tabarot (Les Républicains) hält das Urteil für „absurd“ und kündigt umgehend Berufung an. Ziel: Das Projekt zumindest vorläufig am Laufen halten.
Doch aus dem Umweltministerium kommt – nichts. Noch vor zwei Jahren verteidigte Agnès Pannier-Runacher die A69 energisch und warf Kritikern vor, aus ihrer Pariser Blase heraus über ländliche Regionen zu urteilen. Und jetzt? Schweigen. Eine offizielle Reaktion bleibt aus.
Was nun? Baustopp oder politisches Tauziehen?
Die Entscheidung des Gerichts hat das A69-Projekt ins Wanken gebracht, doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Der Staat will kämpfen, die Gegner sehen sich bestätigt. Doch eine Frage bleibt: Ist ein Autobahnprojekt, das von so vielen Seiten kritisiert wird, wirklich noch zu retten?
Von C. Hatty
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