Tag & Nacht




Die Tropeninsel La Réunion steht erneut unter dem Schatten eines alten Bekannten: dem Chikungunya-Virus. Seit Jahresbeginn 2025 verbreitet sich die Krankheit rasant – mit tödlichen Folgen. Besonders ältere Menschen mit Vorerkrankungen sind betroffen. Sechs Todesfälle wurden zwischen dem 10. und 30. März gemeldet. Und das ist wohl erst der Anfang.


Ein Virus auf dem Vormarsch

Über 33.000 bestätigte Fälle seit Januar. Und das sind nur die offiziell gezählten. Der Chef der regionalen Gesundheitsbehörde (ARS), Gérard Cotellon, rechnet mit weit über 100.000 Betroffenen. Viele Erkrankte lassen sich nicht testen – sei es aus Unwissenheit, Angst oder mangelndem Zugang zu medizinischer Versorgung.

In der ersten Aprilwoche wurden 4.913 neue Fälle registriert – ein Rückgang im Vergleich zur Vorwoche mit 6.300. Ein Hoffnungsschimmer? Vielleicht. Doch Gesundheitsexperten warnen: Zwei Wochen ohne Anstieg sind nötig, bevor von einer echten Trendumkehr gesprochen werden kann.


Die Schwächsten trifft es am härtesten

Von den bisher 224 Krankenhausaufenthalten über 24 Stunden waren 196 direkt auf das Virus zurückzuführen. Besonders tragisch: Ein Viertel der schweren Verläufe betraf Säuglinge unter sechs Monaten. Fast die Hälfte aller Hospitalisierten war über 65 Jahre alt.

Insgesamt wurden 41 schwere Fälle gezählt – eine Zahl, die wachsam macht. Denn was für gesunde Erwachsene oft nur ein unangenehmes Fieber ist, kann für Schwächere lebensbedrohlich sein.


Der Kampf gegen den unsichtbaren Gegner

Chikungunya wird durch die Tigermücke übertragen – klein, schwarz-weiß gestreift, und inzwischen leider bestens angepasst an das Leben auf der Insel. Um ihre Verbreitung einzudämmen, haben die Behörden die Präventionsmaßnahmen massiv ausgeweitet.

Die Devise: stehendes Wasser beseitigen, Insektenschutzmittel nutzen, lange Kleidung tragen. Klingt einfach, ist aber in der tropischen Hitze alles andere als angenehm – und trotzdem lebenswichtig.


Erinnerungen an eine Katastrophe

Der aktuelle Ausbruch ruft schmerzliche Erinnerungen wach: 2005 und 2006 infizierten sich rund 40 % der Bevölkerung mit dem Virus. Über 200 Todesopfer waren damals zu beklagen. Das Trauma sitzt tief – und umso größer ist jetzt die Angst vor einer Wiederholung.

Chikungunya verläuft zwar selten tödlich, doch die Gelenkschmerzen, die es mit sich bringt, können monatelang anhalten – mitunter sogar chronisch werden. Ein Stich, der das ganze Leben verändern kann? Leider Realität für viele.


Wird dieses Mal alles anders?

Die Behörden sind vorbereitet – zumindest besser als vor zwanzig Jahren. Die Kommunikation ist schneller, die medizinische Infrastruktur robuster. Doch eine Frage bleibt: Reicht das, um eine Gesundheitskatastrophe zu verhindern?

Denn der Teufel steckt im Detail – oder in diesem Fall: in der Pfütze im Garten, in der Schale unter dem Blumentopf, im unbemerkten Wasserreservoir. Jeder einzelne Bewohner spielt eine Rolle im Kampf gegen das Virus. Jeder verpasste Einsatz gegen Mückenlarven kann Folgen haben.


Ein Wettlauf gegen die Zeit

Noch ist unklar, ob der Ausbruch seinen Höhepunkt überschritten hat. Klar ist aber: Die Bevölkerung muss weiter an einem Strang ziehen. Es braucht Geduld, Ausdauer – und ein wachsam geschultes Auge.

Vielleicht, mit etwas Glück und viel Disziplin, gelingt es diesmal, das Virus schneller in die Schranken zu weisen als damals. Die Inselbewohner wissen: Chikungunya kommt leise – aber es hinterlässt Lärm in den Knochen.


Von Catherine H.

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