Tag & Nacht






Am äußersten Ende der Welt brennt die Erde. Seit Mitte Januar wütet ein verheerendes Feuer auf der Insel Amsterdam, einem abgelegenen Eiland im südlichen Indischen Ozean, das zu den französischen Süd- und Antarktisgebieten (TAAF) gehört. Mittlerweile hat das Feuer 55 % der nur 58 km² großen Insel zerstört – ein unvorstellbarer Verlust für eines der weltweit wertvollsten Naturreservate und eine essenzielle Forschungsstation zur Messung der Luftverschmutzung.

Was bedeutet das für die einzigartige Biodiversität und die Klimaforschung?


Eine Insel in Flammen – ohne Hilfe in Sicht

Die Insel Amsterdam liegt fast 2.800 Kilometer von La Réunion entfernt – näher kommt man der Definition von „abgelegen“ kaum. Als sich am 15. Januar das Feuer entzündete, befanden sich 31 Menschen auf der Insel, darunter Wissenschaftler, Techniker und Militärangehörige. Glücklicherweise konnte die gesamte Besatzung innerhalb eines Tages evakuiert werden. Ein französisches Langusten-Fischerboot, das zufällig in der Nähe war, nahm sie auf, und wenige Tage später erreichten sie mit dem Versorgungsschiff Marion Dufresne die Insel La Réunion.

Für die Insel selbst gab es allerdings keine Rettung. Die französischen Behörden mussten tatenlos zusehen, wie sich die Flammen weiter ausbreiteten – Löschflugzeuge oder Feuerwehreinsätze sind hier schlicht unmöglich. Nur der Regen könnte das Feuer stoppen. Doch wann würde er kommen?


Ein Rückzugsort für bedrohte Arten – und jetzt ein Inferno

Die Insel Amsterdam ist ein ökologisches Juwel. Sie steht unter dem Schutz der UNESCO und beherbergt eine der seltensten Vogelarten der Welt: den endemischen Amsterdam-Albatros. Von diesen majestätischen Vögeln gibt es nur noch etwa 100 Brutpaare – und jetzt wütet das Feuer mitten in ihrem Lebensraum.

Aber nicht nur Vögel sind betroffen. See-Elefanten und Pelzrobben nutzen die Küsten der Insel zur Fortpflanzung, während sich auf den Hochebenen ein ganz besonderes Gewächs findet: Phylica arborea, das einzige Baumgewächs der gesamten südlichen französischen Antarktisgebiete. Ein Feuer auf Amsterdam ist also nicht nur irgendein Waldbrand – es ist eine ökologische Katastrophe.

Noch gibt es keine genauen Zahlen, doch Wissenschaftler befürchten, dass das Feuer viele Tiere in die Enge getrieben hat. Wie viele von ihnen konnten entkommen?


Wenn eine der wichtigsten Klimastationen der Welt stillsteht

Neben der Zerstörung des Ökosystems gibt es noch ein weiteres Problem: Die Insel Amsterdam beherbergt eines der wenigen globalen Messzentren zur Überwachung der Luftqualität – vergleichbar mit der berühmten Mauna-Loa-Station auf Hawaii.

Seit 1981 liefert diese Forschungsstation kontinuierlich Daten zu CO₂, Methan, Stickoxiden und Ozon – wertvolle Informationen, die helfen, den Klimawandel und seine Ursachen zu verstehen. Die geografische Lage ist dabei ideal: Mitten im Ozean, fernab von Industrie und urbaner Luftverschmutzung, bietet sie eine der reinsten Referenzmessungen für die sogenannte „Hintergrundverschmutzung“ der Atmosphäre.

Doch seit dem 15. Januar ist die Station stillgelegt. Zum ersten Mal seit über 40 Jahren werden keine Daten mehr erhoben. „Das ist ein herber Rückschlag“, sagt Marc Delmotte, einer der leitenden Wissenschaftler des Projekts. Wie lange wird diese Zwangspause dauern?


Schäden schwer einzuschätzen – aber sicher immens

Das Feuer hat weite Teile der Insel verwüstet, doch wie sieht es mit den Gebäuden der Forschungsstation aus? Satellitenbilder zeigen, dass die Basis Martin-de-Viviès zwar noch steht, doch die Infrastruktur ist schwer beschädigt. Die Wasserversorgung, die ausschließlich auf Regenauffangbecken basiert, ist ausgefallen. Die Solarpaneele, die die Insel mit Strom versorgen, sind in Mitleidenschaft gezogen. Kommunikationssysteme funktionieren nicht mehr.

In den kommenden Tagen wird ein Team aus Wissenschaftlern, Feuerwehrleuten und Technikern von La Réunion aufbrechen, um die Lage vor Ort zu bewerten. Sie sollen prüfen, ob es noch aktive Brandherde gibt, wie groß die Schäden sind – und ob die Forschungsarbeiten bald wieder aufgenommen werden können.

„Es ist nicht das erste Feuer auf der Insel, aber mit Sicherheit das schlimmste seit Langem“, erklärt Delmotte. Der Wiederaufbau wird teuer, kompliziert und vor allem langwierig – in einem der entlegensten Winkel der Welt.

Bleibt zu hoffen, dass die Wissenschaftler bald zurückkehren können. Denn diese kleine Insel spielt eine große Rolle im Verständnis des Klimawandels – und das nicht nur für Frankreich, sondern für die ganze Welt.


Von Andreas M. B.

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