In Frankreich wächst der Unmut unter den Bürgermeistern. Immer häufiger werden sie Opfer von Gewalt – eine besorgniserregende Entwicklung, die viele in Angst versetzt.
Am Samstag, dem 1. März, versammelten sich rund 150 Menschen in Saint-Martial (Ardèche), um ein Zeichen gegen Angriffe auf gewählte Vertreter zu setzen. Anlass war eine erneute Attacke auf die Bürgermeisterin Martine Imbert, die bereits 2022 Opfer einer Gewaltaktion wurde. Diesmal wurde ihr Haus mit Steinen beworfen. „Ich kann mich nicht mehr frei bewegen. Die ständige Unsicherheit ist ein enormer Stressfaktor“, sagt sie.
Ein Vorfall, der leider kein Einzelfall ist. Auch in Pérols, nahe Montpellier, wurde kürzlich ein Bürgermeister beleidigt und körperlich angegriffen. Die Politik steht vor einer drängenden Frage: Wie können die Verantwortlichen geschützt werden?
Zahlen, die alarmieren
Die Gewalt gegen Bürgermeister nimmt in Frankreich drastisch zu. Während es 2021 noch 1.720 gemeldete Angriffe gab, waren es 2023 bereits 2.600. Das sind mehr als sieben Vorfälle pro Tag. Die Eskalation zeigt sich nicht nur in der Häufigkeit, sondern auch in der Brutalität.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde bereits vor einem Jahr eine Gesetzesverschärfung beschlossen. Seitdem drohen bei schweren Übergriffen bis zu sieben Jahre Haft und Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro. Besonders hart werden Attacken bestraft, wenn sie zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als acht Tagen führen.
Gemeinden wehren sich
Doch nicht nur der Staat versucht mit härteren Strafen gegenzusteuern – auch die Kommunen selbst ziehen Konsequenzen. Ein drastisches Beispiel lieferte die Gemeinde Ouges bei Dijon. Dort wurden die Türen des Rathauses im Oktober 2023 geschlossen. Die Mitarbeiter konnten nicht mehr ungehindert arbeiten, zu groß war die Bedrohungslage.
„Wir sind hier, um unserer Gemeinde zu dienen, nicht um uns beleidigen oder bedrohen zu lassen“, erklärte ein Bürgermeister aus der Region. Die Schließung von Rathäusern als Protestmaßnahme könnte Schule machen, wenn sich an der Situation nichts ändert.
Warum dieser Hass?
Die Gründe für die wachsende Gewalt sind vielschichtig. Zum einen stehen Bürgermeister oft an vorderster Front bei politischen Entscheidungen, die nicht allen gefallen. Sie sind die ersten Ansprechpartner, wenn Bürger unzufrieden sind – und manchmal entlädt sich dieser Frust in Gewalt.
Zum anderen hat sich das gesellschaftliche Klima verändert. Die Hemmschwelle für Beleidigungen und Bedrohungen ist gesunken, nicht zuletzt durch soziale Medien, die Anonymität und schnelle Eskalationen begünstigen.
Doch wer tritt noch für das Amt eines Bürgermeisters an, wenn es zunehmend mit Gefahr verbunden ist? Wenn aus einem Dienst an der Gemeinschaft ein ständiger Kampf ums eigene Wohl wird?
Ein Weckruf an die Politik
Die wachsende Gewalt gegen Bürgermeister kann nicht ignoriert werden. Schärfere Gesetze sind ein Schritt in die richtige Richtung, doch sie lösen nicht das gesamte Problem. Es braucht mehr Schutz, eine bessere Sensibilisierung der Bevölkerung und eine klare gesellschaftliche Botschaft: Gewalt gegen Amtsträger ist inakzeptabel.
Denn wenn diejenigen, die unsere Gemeinden führen, aus Angst zurückweichen – was bleibt dann von unserer Demokratie?
Von C. Hatty
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