Tag & Nacht

Am Donnerstag, den 16. Januar, versammelte sich eine dichte Menge, darunter zahlreiche Vertreter der extremen Rechten Frankreichs, in und um die Kirche Notre-Dame du Val-de-Grâce in Paris. Anlass war eine öffentliche Gedenkzeremonie für Jean-Marie Le Pen, den Mitbegründer des Front National (heute Rassemblement National). Nach einer privaten Beerdigung in seiner Heimatstadt La Trinité-sur-Mer in der Bretagne bot die Zeremonie in Paris Anhängern und Weggefährten die Gelegenheit, Abschied zu nehmen.


Ein kontroverser Abschied

Jean-Marie Le Pen, der am 7. Januar im Alter von 96 Jahren verstarb, war ein zentraler Akteur der französischen Politik. Sein Einzug in die Stichwahl der Präsidentschaftswahlen 2002 markierte einen historischen Moment und erschütterte das politische System des Landes.

Die Veranstaltung zog etwa 400 geladene Gäste in die Kirche, während rund 2.000 weitere Anhänger sich auf dem Vorplatz versammelten. Dort verfolgten sie die Zeremonie auf zwei Großbildschirmen. Die Kirche, ein imposanter Bau, den Königin Anne von Österreich einst errichten ließ, bot den passenden Rahmen für ein Ereignis, das von Pathos und Symbolik geprägt war.


Prominente Teilnehmer und ausgesperrte Provokateure

Neben Marine Le Pen und Jordan Bardella, dem Vorsitzenden des Rassemblement National (RN), nahmen auch andere prominente Figuren der extremen Rechten teil. Darunter Éric Zemmour, der bei den letzten Präsidentschaftswahlen als Konkurrent von Marine Le Pen antrat, sowie Bruno Mégret und Carl Lang, ehemalige Mitstreiter und Dissidenten des Front National.

Jedoch blieben einige extrem rechte Akteure, darunter bekannte Holocaustleugner wie Thomas Joly und Yvan Benedetti, vor der Tür. Auch der ehemalige Komiker Dieudonné, der für antisemitische Äußerungen verurteilt wurde, musste draußen bleiben. Er beschrieb Jean-Marie Le Pen dennoch als „einen freien Mann“ in einem „zu engen politischen Umfeld“.


„Für Frankreich“: Ein patriotischer Abschied

Die Messe, die über anderthalb Stunden dauerte, bot Gelegenheit für zahlreiche Reden, die den Gründer des FN als „unermüdlichen Patrioten“ und „Mann der Überzeugungen“ würdigten. Bruno Gollnisch, ein langjähriger Weggefährte, und Marine Le Pens Schwester Marie-Caroline erinnerten an Le Pens unerschütterliches Engagement für Frankreich.

Marion Maréchal, Marine Le Pens Nichte, beschwor die historische Bedeutung ihres Großvaters und rief: „Man stoppt kein Volk, das sich erhebt, keine wahre Idee und kein gerechtes Beispiel!“ Louis Aliot, der ehemalige Partner von Marine Le Pen, erinnerte an den politischen Triumph von 2002, als Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl einzog und die Linke aus dem Rennen warf.


Symbolik und Musik

Die Zeremonie war reich an Symbolik. Neben Gebeten wie der „Prière des Paras“ (Gebet der Fallschirmjäger) und einer Widmung an Jeanne d’Arc erklangen auch Werke von Charles Péguy und Verdi. Letzterer war ein persönlicher Favorit Le Pens; sein „Chor der hebräischen Sklaven“ wurde in einer deutschen Version gespielt, ein Stück, das bereits bei seinen politischen Kundgebungen erklang.

Vor der Kirche waren zahlreiche Träger von Fahnen und Abzeichen verschiedener Organisationen positioniert, darunter einige mit Berets und militärischen Symbolen. Daneben prangten Aufkleber mit der Aufschrift „Pied noir pour toujours“ (für immer Pied-noir), eine Referenz an Le Pens Unterstützung für die französische Kolonialgeschichte in Algerien.


Ein geteiltes Vermächtnis

Die öffentliche Ehrung von Jean-Marie Le Pen verdeutlicht die tiefen Wurzeln der extremen Rechten in Frankreich, aber auch die Kontroversen, die seine Figur umgeben. Während seine Anhänger ihn als patriotischen Helden feiern, bleibt er für viele ein Symbol der Spaltung. Sein politisches Vermächtnis wird auch in den kommenden Jahren die Debatte über Identität, Integration und die Zukunft Frankreichs prägen.


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