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Mehr als einer von drei französischen Bürgermeistern gibt an, schon einmal Opfer von Drohungen oder Beleidigungen geworden zu sein. Diese Zahl steigt deutlich an, so eine Studie, die gestern auf dem Kongress der französischen Bürgermeister vorgestellt wurde.

Die Bürgermeister Frankreichs, die seit gestern zu ihrem 104. Jahreskongress zusammengekommen sind, sehen sich mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert, wie das „Observatorium der bürgernahen Demokratie“ AMF-Cevipof/Sciences Po enthüllt, das mit 3.696 Bürgermeistern gesprochen hat.

Die aufeinanderfolgenden sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Krisen bringen für die Mehrheit der Bürgermeister eine Zeit großer Ungewissheit über die Zukunft ihrer Gemeinden, stellt Professor Martial Foucault, Direktor des Cevipof, fest, der diese Umfrage geleitet hat.

In Zeiten der von der Regierung verordneten Energieeinsparung und einer galoppierenden Inflation bei den Energiepreisen machen sich 77% der Bürgermeister Sorgen um die Verwaltung ihrer Gemeinde. Aber nur 18% planen, deswegen die lokalen Steuern zu erhöhen. 90% planen stattdessen, die Intensität oder den Zeitrahmen der öffentlichen Beleuchtung zu reduzieren, 86%, die Heizung in Sportanlagen und 81% in städtischen Gebäuden zu drosseln. Klar ist, dass die Entscheidungen über lokale öffentliche Ausgaben durch die Krisen beeinflusst werden. Beispielsweise plant mehr als jeder zweite Bürgermeister (54%), die Ausgaben für den Kauf von Lieferungen und Leistungen von externen Dienstleistern zu senken.

63,1% geben an, Opfer von Anfeindungen geworden zu sein
Abgesehen von der konjunkturellen Situation hat die Umfrage auch die Stimmung der Bürgermeister erfragt, die dieses Jahr zwischen der Belastung des Mandats für ihr Privat- und Familienleben, der Sorge um die Ausübung des Mandats in einem Klima starker politischer Polarisierung und der Erwartung, dass endlich eine abgemessene Vergütung, die den ausgeführten Aufgaben entspricht, geschaffen wird, hin und her schwankt.

Die Umfrage 2022 hat eine schlimme Tatsache ans Licht gebracht: Einer von drei Bürgermeistern wurde bereits Opfer von Drohungen oder Beleidigungen. 39% gaben an, mündliche oder schriftliche Drohungen erhalten zu haben, das sind 11 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2020. 37% der Befragten gaben an, beleidigt oder beschimpft worden zu sein, was einem Anstieg von 8 Prozentpunkten entspricht. 63,1% gaben an, Opfer von Anfeindungen geworden zu sein, wobei dieser Begriff alles von Unhöflichkeit bis hin zu Aggressionen umfasst. „Diese Zahlen, die zwar deklaratorisch sind und sich somit von den eingereichten Beschwerden oder Anzeigen unterscheiden, bestätigen die wachsende Schwierigkeit der Bürgermeister, das Recht durchzusetzen, und zeigen die Missachtung der Autorität“, schreibt Professor Foucault.

Diese Beleidigungen sind Teil eines allgemeinen politischen Klimas, das die gewählten Volksvertreter beunruhigt. 83% sind besorgt über die Höhe der Wahlenthaltung und eine zunehmende Unfähigkeit, in Ruhe zu debattieren. Jeder zweite Bürgermeister beobachtet in seiner Gemeinde eine Verhärtung der öffentlichen Meinung und jeder vierte ist der Meinung, dass es für die Bürger immer schwieriger wird, miteinander zu diskutieren.


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