Tag & Nacht

Mit 100 Jahren ist Madeleine Riffaud, eine der letzten noch lebenden Widerstandskämpferinnen der Résistance, verstorben. Sie hinterlässt ein beeindruckendes Vermächtnis als Widerstandskämpferin, Kriegsreporterin und Poetin. Ihre Lebensgeschichte, die von mutigen Taten, poetischem Schaffen und einer unermüdlichen Suche nach Gerechtigkeit geprägt war, wurde erst kürzlich in einer erfolgreichen Comic-Serie verewigt.

„Wenn wir durchgehalten haben, dann, weil wir uns nie als Opfer gesehen haben, sondern immer als Kämpferinnen und Kämpfer“, sagte Riffaud einmal. Diese Worte fassen ihre Lebensphilosophie zusammen: Trotz des ständigen Kampfes und der Bedrohung blieb sie sich treu, getragen von einem inneren Antrieb, der bis zu ihrem Lebensende spürbar war.

Die frühe Entscheidung für den Widerstand

Geboren im Jahr 1924, trat Riffaud im Alter von 18 Jahren der Résistance bei. Unter dem Decknamen „Rainer“, eine Anspielung auf den Dichter Rainer Maria Rilke, begann sie, als Kurierin der kommunistischen Francs-tireurs et partisans zu arbeiten. Doch ihre Rolle in der Résistance war nicht nur passiv: Sie entschloss sich, aktiv an der bewaffneten Auseinandersetzung teilzunehmen. Im Juli 1944, im Alter von nur 19 Jahren, erschoss sie einen deutschen Unteroffizier mitten in Paris. Für diese Tat wurde sie verhaftet und grausam gefoltert. Doch Madeleine gab nicht auf – weder vor der Gestapo noch später, als sie dem Tod in die Augen sah.

Leben nach der Résistance: Von der Front zur Feder

Nach der Befreiung von Paris im August 1944 versuchte Madeleine Riffaud, ihr Leben neu zu ordnen. Doch der Übergang vom Kriegsalltag in den Frieden fiel ihr schwer. Begleitet von den traumatischen Erinnerungen an die Folter und den Verlust von Kameraden, litt sie lange unter einer tiefen Traurigkeit. Der Dichter Paul Éluard half ihr, indem er ihre Gedichte veröffentlichte – Worte, die ihr halfen, das Erlebte zu verarbeiten.

Die nächsten Jahrzehnte widmete sie sich dem Journalismus und berichtete als Korrespondentin für die Zeitung L’Humanité aus den Krisenregionen der Welt, von Indochina über Algerien bis Vietnam. Auch hier stellte sie sich mutig den Gefahren des Krieges, oft selbst an vorderster Front. Der Mut, der sie in der Résistance auszeichnete, war auch in diesen Einsätzen zu spüren.

Die späte Rückkehr zur Résistance und das Vermächtnis

In den 1990er Jahren begann Madeleine Riffaud, öffentlich über ihre Erfahrungen in der Résistance zu sprechen. Ein entscheidender Moment war die Begegnung mit Raymond Aubrac, einem Mitkämpfer, der sie dazu drängte, die Geschichten ihrer gefallenen Kameraden weiterzugeben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Seitdem widmete sie sich der Erinnerungskultur und besuchte Schulen, um jungen Menschen die Bedeutung von Widerstand und Gerechtigkeit näherzubringen.

Ein Schüler fragte sie einmal, wie man heute Widerstand leisten könne. Ihre Antwort war so einfach wie kraftvoll: „Résister, c’est aimer les gens“ – Widerstand ist, die Menschen zu lieben und den Hass zu meiden. Auch mit über 90 Jahren fand sie die Kraft, diesen Gedanken weiterzugeben, eine Mahnung gegen Gleichgültigkeit und für den Mut, für das Richtige einzustehen.

Die Serie „Madeleine, résistante“ – Ein literarisches Erbe

In den letzten Jahren veröffentlichte Riffaud in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Dominique Bertail und dem Autor Jean-David Morvan die Comic-Trilogie „Madeleine, résistante“, die ihre Erinnerungen an den Widerstand festhält. Die Serie wurde 2022 beim renommierten Festival d’Angoulême mit dem Prix René Goscinny für das beste Szenario ausgezeichnet und fand großen Anklang bei Lesern jeden Alters. Diese Werke geben einen tiefen Einblick in das Leben einer außergewöhnlichen Frau und bieten einen authentischen Zugang zur Geschichte des Widerstands.

Ein bleibendes Beispiel für Mut und Menschlichkeit

Madeleine Riffauds Leben war geprägt von Entschlossenheit, Widerstand und Mitgefühl. Als die Nachricht von ihrem Tod am 6. November bekannt wurde, ehrte man sie nicht nur als Heldin der Résistance, sondern als Mensch, der bis zum Schluss für seine Überzeugungen eingestanden hat. Ihr Leben und ihre Worte erinnern uns daran, dass echter Widerstand immer auch ein Akt der Liebe ist – eine Liebe zur Freiheit, zur Gerechtigkeit und zum Mitmenschen.


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