Tag & Nacht

Die Stadt Marseille, oft als Symbol für das Drogenbandentum in Frankreich gesehen, erlebt seit Anfang 2024 einen überraschend starken Rückgang der sogenannten „Narchomicides“, also Morde im Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Laut Zahlen, die der Sender Franceinfo vom Staatsanwalt von Marseille, Nicolas Bessone, erhalten hat, sind die Morde auf ein Drittel der Vorjahreszahlen gesunken. Während in der gleichen Zeitspanne 2023 noch 39 Menschen in diesen blutigen Auseinandersetzungen ihr Leben verloren, wurden im Jahr 2024 bislang gerade zwölf Opfer gezählt.

Rückgang um fast 50 % bei Morden und Mordversuchen

Insgesamt wurden in Marseille seit Jahresbeginn 37 Morde und Mordversuche registriert, was einen Rückgang von fast 50 % im Vergleich zu den 75 Fällen im Jahr 2023 bedeutet. Diese Entwicklung stellt einen bedeutenden Erfolg im Kampf gegen das organisierte Verbrechen in der Stadt dar. Aber was sind die Gründe für diesen drastischen Rückgang?

Dominanz einer kriminellen Organisation

Eine der Hauptursachen für den Rückgang der Gewalt liegt in der dominierenden Rolle, die eine kriminelle Gruppe, die DZ Mafia, im Drogenhandel von Marseille übernommen hat. 2023 befand sich die Organisation noch in einem brutalen Machtkampf mit einer rivalisierenden Gruppe, der „Yoda“-Bande, um die Kontrolle über den lukrativen Drogenmarkt. Dieser Krieg forderte viele Opfer. Doch inzwischen hat die DZ Mafia die Oberhand gewonnen und kontrolliert weite Teile des Marktes, was zu einer Art instabilen Frieden geführt hat. Es gibt Berichte, dass zwischen der DZ Mafia und kleineren Drogenhändlerringen eine Art „Nichtangriffspakt“ geschlossen wurde, der die gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich reduziert hat.

Erfolge der Polizei

Auch die Arbeit der Polizei zeigt Erfolge. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei führten zur Zerschlagung zahlreicher junger Auftragskiller-Gruppen, die häufig für die Gewalt im Drogenmilieu verantwortlich waren. Der Staatsanwalt von Marseille berichtete im Juni 2023, dass insgesamt 189 Personen wegen Gewaltdelikten im Zusammenhang mit Drogenhandels-Streitigkeiten angeklagt wurden. Diese intensiven polizeilichen Maßnahmen haben den Handlungsspielraum der Banden spürbar eingeschränkt und zur Verringerung der Gewalt beigetragen.

Kein Grund zur Entwarnung

Trotz dieser Erfolge bleiben die Behörden vorsichtig. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass neue Konflikte ausbrechen könnten. Die DZ Mafia, die derzeit das Drogengeschäft in Marseille dominiert, weitet ihren Einfluss über die Stadtgrenzen hinaus aus. Ermittler berichten, dass die Organisation bereits in Städte wie Nîmes, Sète, Avignon, Valence und sogar Toulouse vorgedrungen ist, wo sie wichtige Drogenumschlagplätze kontrolliert. Das Machtvakuum, das durch die Niederlage der Yoda-Bande entstanden ist, könnte ausserdem auch neue, gefährliche Akteure auf den Plan rufen.

Protest gegen den Drogenhandel

Am Samstag, dem 14. September, fand in Marseille eine Demonstration gegen den Drogenbanditismus statt. Dieser „Marsch der Familien für Frieden und Gerechtigkeit“ in den Vierteln der Stadt wurde von Familien organisiert, die direkt von der Drogengewalt betroffen sind. Die Kundgebung begann um 15 Uhr auf dem Place de la Joliette. Es war ein Aufruf an die Behörden und die Gesellschaft, nicht nachzulassen im Kampf gegen die Drogenkriminalität und die betroffenen Stadtteile nicht im Stich zu lassen.

Ein schwieriger, aber wichtiger Schritt

Der Rückgang der Drogenmorde in Marseille ist zweifellos ein Erfolg – aber der Kampf ist noch lange nicht gewonnen. Die wachsende Macht der DZ Mafia zeigt, dass die Bedrohung immer noch präsent ist, und es bedarf weiterhin eines entschlossenen Vorgehens der Justiz, Polizei und Gesellschaft, um langfristige Stabilität in den von der Kriminalität betroffenen Stadtteilen zu erreichen.


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