Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, hat Premierminister Michel Barnier neue Maßnahmen angekündigt, um geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen und Frauen besser zu schützen. Mit drei zentralen Prioritäten reagiert die Regierung auf die erschütternden Ereignisse wie die Vergewaltigungsserie von Mazan, die Frankreich tief erschüttert hat.
1. Erleichterung der Anzeigenerstattung
Ein wesentlicher Baustein des Plans ist die Möglichkeit, direkt in Krankenhäusern Strafanzeigen zu erstatten. Dieses Modell orientiert sich an der Maison des femmes am Krankenhaus von Saint-Denis (Seine-Saint-Denis), das bereits erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen medizinischem und juristischem Bereich erleichtert. Dort können Opfer von Gewalt die Anzeige erstatten, während medizinische Beweise gesichert werden – ein wichtiger Schritt, um den Zugang zur Justiz zu erleichtern und Hürden abzubauen.
Diese Maßnahme soll nun landesweit ausgerollt werden. Ziel ist es, Betroffenen schnelle und sichere Unterstützung zu bieten, ohne dass sie den oft belastenden Weg zu einer Polizeidienststelle gehen müssen.
2. Erhöhung der Notfallhilfen
Für Frauen, die Gewalt erleben und ihr Zuhause verlassen, wird die finanzielle Unterstützung deutlich aufgestockt. Bisher erhielten etwa 25.000 Frauen im Jahr eine sogenannte universelle Notfallhilfe in Höhe von durchschnittlich 800 Euro. Diese Mittel sollen nun von 13 auf 20 Millionen Euro aufgestockt werden.
Das Ziel ist klar: Frauen in Not sollen die Möglichkeit haben, unabhängig und schnell eine neue Unterkunft zu finden, ohne finanzielle Hindernisse befürchten zu müssen. Gerade in Situationen, in denen das Verlassen des gemeinsamen Haushalts das Leben retten kann, spielt diese Hilfe eine entscheidende Rolle.
3. Bessere Schulung der Polizei
Ein weiterer Schwerpunkt des Plans ist die Schulung der Sicherheitskräfte. Es geht darum, die Kompetenzen der Polizei im Umgang mit Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt zu verbessern. Zu oft erleben Betroffene bei der Anzeigenerstattung Unverständnis oder fehlendes Einfühlungsvermögen, was viele davon abhält, überhaupt Anzeige zu erstatten.
Die Regierung plant umfassende Schulungsprogramme, um sicherzustellen, dass alle Polizistinnen und Polizisten angemessen auf solche Situationen reagieren können. Denn wie oft scheitert der Weg zur Gerechtigkeit an mangelnder Sensibilität derjenigen, die eigentlich helfen sollten?
Ein wichtiger, aber nicht ausreichender Schritt?
Der Plan von Michel Barnier ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung – insbesondere angesichts der alarmierenden Zahlen: In Frankreich wird durchschnittlich jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Doch Kritiker:innen bemängeln, dass der Plan nicht weit genug geht. Es fehlen strukturelle Maßnahmen, um die Prävention und den Schutz langfristig zu stärken.
Besonders Nichtregierungsorganisationen fordern mehr Investitionen in Frauenhäuser und langfristige Begleitprogramme für Gewaltopfer. Auch der Fokus auf Täterarbeit wird als unzureichend betrachtet, um das Problem an der Wurzel zu bekämpfen.
Eine Antwort auf Mazan – und darüber hinaus?
Die erschütternde Affäre der Vergewaltigungen von Mazan hat gezeigt, wie wichtig ein funktionierender Schutzmechanismus ist. Fälle wie der von Gisèle Pelicot, die jahrzehntelang Opfer systematischer Gewalt wurde, rücken die Dringlichkeit der Maßnahmen in den Vordergrund. Doch stellt sich die Frage: Wird dieser Plan wirklich ausreichen, um den Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt in Frankreich nachhaltig voranzutreiben? Die kommenden Monate werden zeigen, ob Barniers Ansatz mehr als nur eine politische Geste ist.
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