Tag & Nacht




Wenn Comicfiguren lebendig würden – welche Autos würden sie fahren?

Eine Frage, die man sich vielleicht mal im Vorbeigehen stellt. Aber spätestens nach einem Besuch im „Musée National de l’Automobile“ in Mülhausen bekommt sie eine ziemlich konkrete, ziemlich schicke Antwort. Zwischen verchromtem Kühlergrill und knatterndem Zeitgeist haben sich in diesem Frühling ganz besondere Gäste ins größte Automobilmuseum der Welt geschlichen: Tim, Struppi und ihre legendären Karossen.

Und das Timing? Könnte nicht besser sein.

Eine Ausstellung wie ein Comic-Abenteuer

Vom 5. April bis zum 11. November 2025 zieht eine Sonderausstellung Comicfans, Oldtimer-Nerds und neugierige Nostalgiker in ihren Bann. „Die Autos aus Tim und Struppi“ heißt das Spektakel, das auf 25.000 m² nicht nur glänzenden Lack, sondern vor allem eine glänzende Idee präsentiert: die Verbindung zwischen Hergés gezeichneten Autowelten und ihren realen Vorbildern.

Was das heißt?

Nun, man steht plötzlich vor einem Bugatti Type 35, genau dem, den Bobby Smiles durch die Seiten jagt. Oder vor dem 2CV der Schultzes – einem rollenden Symbol für Chaos und Charme. Direkt daneben: Originalzeichnungen, Storyboards, handschriftliche Notizen. Fast als könnte Hergé jeden Moment mit Tintenfass und Notizblock um die Ecke biegen.

Und dann ist da noch ein unerwartetes Sahnehäubchen…

Zwischen Realität und Fantasie: Ein fotografischer Brückenschlag

Wer hätte gedacht, dass ein Schweizer Journalist hier so gut reinpasst? Léonard Gianadda, seines Zeichens Reporter und Globetrotter, hat auf seinen Reisen Fotos geschossen, die verblüffend oft Parallelen zu den Comic-Abenteuern aufweisen. Die Ausstellung zeigt seine Bilder direkt neben den gezeichneten Pendants – und plötzlich verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auf ganz charmante Weise.

Ein bisschen so, als hätte Tim wirklich gelebt. Oder als hätte Gianadda heimlich für Hergé Modell gestanden.

Der Weg durch Mülhausen – Industriekultur trifft Nostalgie

Bevor man ins Museum eintaucht, lohnt ein kleiner Bummel durch Mülhausen. Die Stadt im Elsass liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Freiburg – ein Katzensprung über die Grenze. Bekannt für ihre industrielle Vergangenheit, überrascht sie mit einer Mischung aus Fabrikromantik, Streetart und französischem Savoir-vivre. Wer sich auf den Weg zur „Rue de la Mertzau 17“ macht, spaziert durch ein Viertel, das so wunderbar unaufgeregt ist, dass man kurz vergisst, wo man eigentlich hinwollte.

Bis sich das MNA wie ein schlafender Riese vor einem aufbaut.

Das Automobilmuseum: Ein Tempel für Technikverliebte

Schon ohne Sonderausstellung ist das Musée National de l’Automobile eine Reise wert. Die Sammlung Schlumpf – benannt nach den Brüdern Fritz und Hans, zwei leidenschaftliche (und etwas exzentrische) Sammler – ist legendär. Über 500 Oldtimer, darunter Modelle von Bugatti, Rolls-Royce, Ferrari und Mercedes, stehen hier in Hallen, die fast so groß sind wie ein kleiner Flughafen. Und alles mit französischer Eleganz inszeniert – da glänzt nicht nur der Lack, sondern auch das Lichtdesign.

Fun Fact: Viele der Autos wurden heimlich zusammengetragen, teils unter großem finanziellen Risiko. Heute gehört die Sammlung zum Kulturerbe Frankreichs.

Und mittendrin? Tim und Struppi, als hätten sie nie woanders hingehört.

Kulinarische Boxenstopps – Zwischen Museum und Markthalle

So viel Input macht hungrig. Glücklicherweise liegt das Museum nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Wer zu Fuß Richtung Place de la Réunion schlendert, kann sich mit einem Crêpe auf die Hand stärken oder in einem der kleinen Bistros einkehren. Empfehlenswert: das „Chez Auguste“ – Elsässer Küche mit modernem Twist. Oder lieber ein bisschen Streetfood vom Marché du Canal Couvert? Da duftet es nach Gewürzen, nach Leben, nach Fernweh.

Klingt gut? Ist es auch.

Warum gerade diese Ausstellung so besonders ist

Klar, Autos gibt’s in vielen Museen. Comics sowieso. Aber hier treffen zwei Welten aufeinander, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Doch dann steht man vor dem alten Citroën, blättert durch die Panels und merkt: Hergé hat Autos nie zufällig gezeichnet. Sie waren immer Teil der Geschichte, Charaktere mit Motor und Auspuff. Und das macht diese Ausstellung nicht nur für Autofans interessant – sondern auch für alle, die Geschichten lieben.

Und mal ehrlich – wann hat man das letzte Mal einen Museumsbesuch mit einem Grinsen beendet?

Reisetipps für Neugierige

Anreise:
Mülhausen liegt gut angebunden. Wer mit dem Auto aus Süddeutschland kommt, fährt über die A5 bis zur Grenze und dann weiter auf der französischen A36. Mit dem Zug geht’s via Freiburg oder Basel, von dort direkt nach „Mulhouse Ville“.

Öffnungszeiten Museum:
Täglich geöffnet von 10 bis 17 Uhr – im Sommer sogar bis 18 Uhr. Tickets gibt’s online oder vor Ort. Am besten unter: www.musee-automobile.fr

Tipp für Familien:
Kinder lieben die Comicbezüge – und dürfen sich auf kleine interaktive Stationen freuen. Und das Café im Museum bietet Schokocroissants, die selbst Struppi vom Hocker hauen würden.


Und, schon neugierig geworden?

Vielleicht ist es genau dieser Mix aus Nostalgie, französischem Flair und motorisiertem Wahnsinn, der diese Ausstellung so besonders macht. Vielleicht ist’s auch einfach das Gefühl, als Comicfigur durch eine Museumswelt zu spazieren.

So oder so – es lohnt sich.

Ein Reisebericht von V.O.Yager

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