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Ein historisches Urteil: Zum ersten Mal in der Geschichte Frankreichs wurde ein ehemaliger Staatschef zu einer Haftstrafe verurteilt, die tatsächlich vollstreckt wird – wenn auch unter besonderen Bedingungen. Nicolas Sarkozy, einst Präsident der Republik, wurde in der sogenannten „Bismuth-Affäre“ zu drei Jahren Haft verurteilt, davon ein Jahr unbedingt. Dieses Jahr wird er unter elektronischer Überwachung in seinem Zuhause verbringen.

Die endgültige Verurteilung in der Affäre Bismuth

Am 18. Dezember hat die Cour de cassation, Frankreichs oberstes Gericht, den Einspruch Sarkozys endgültig zurückgewiesen. Damit steht die Verurteilung wegen Korruption und Einflussnahme fest. Neben der Haftstrafe wurde Sarkozy auch für drei Jahre für politische Ämter gesperrt – ein schwerer Schlag für den einst so mächtigen Politiker.

Sarkozy selbst bezeichnete das Urteil als ungerecht und erklärte, er wolle die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) anrufen, um seine Rechte zu verteidigen. „Die Wahrheit wird triumphieren“, schrieb er trotzig auf der Plattform X (ehemals Twitter). Sein Anwalt Patrice Spinosi kündigte an, die Legitimierung der Abhörmaßnahmen vor der EMRK anzufechten.

Was bedeutet eine Haftstrafe unter elektronischer Überwachung?

Die Strafe von einem Jahr wird nicht im Gefängnis, sondern unter „Haft zu Hause mit elektronischer Überwachung“ (DDSE) verbüßt. Der nächste Schritt ist eine Vorladung vor den sogenannten Strafvollstreckungsrichter (Juge de l’application des peines, JAP), der die genauen Bedingungen der Überwachung festlegt.

Innerhalb von etwa 20 Tagen nach der Urteilsverkündung wird Sarkozy zu einem ersten Gespräch geladen, wobei sich die Fristen je nach Verfügbarkeit verlängern können. Dort wird er Details wie die Adresse, an der er die Strafe absitzen soll, und mögliche Ausgehzeiten vorlegen müssen. Je nach Tätigkeit könnte er beispielsweise werktags von 7 bis 18 Uhr das Haus verlassen dürfen. Auch andere Auflagen wie berufliche Einschränkungen oder die Zahlung von Schadensersatz könnten verhängt werden, wobei letzteres in der Bismuth-Affäre nicht relevant ist.


Wann wird die Fußfessel angelegt?

Nach dem Gespräch mit dem Richter wird ein Termin für das Anlegen des Geräts festgelegt. Beamte der Strafvollzugsbehörde kommen dann zu seinem Wohnsitz, installieren das Überwachungssystem und erklären die Regeln. Wer sich außerhalb der erlaubten Zeiten nicht an dem festgelegten Ort befindet, löst eine sofortige Alarmmeldung aus.

Die französischen Gefängnisse greifen immer häufiger auf elektronische Überwachung zurück, um Platz in den überfüllten Haftanstalten zu schaffen. Zum 1. November 2024 trugen über 15.500 Personen in Frankreich eine Fußfessel – eine Lösung, die flexibler, aber nicht weniger überwacht ist.

Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung

im Januar 2025 wird Sarkozy 70 Jahre alt. Damit hätte er die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen eine vorzeitige Entlassung zu beantragen. Diese könnte er theoretisch bereits beim ersten Treffen mit dem Strafvollstreckungsrichter ansprechen, die endgültige Entscheidung liegt jedoch bei den zuständigen Stellen.

Weitere juristische Baustellen

Sarkozy muss sich in Kürze weiteren Prozessen stellen. Bereits im Januar 2024 wird er wegen des Verdachts auf illegale Finanzierung seiner Präsidentschaftskampagne 2007 durch libysche Gelder vor Gericht stehen. Dieses Verfahren könnte die Umsetzung der Fußfessel-Verurteilung verzögern, da sich der Ex-Präsident auf die neuen Vorwürfe vorbereiten muss.

Hinzu kommt die sogenannte „Bygmalion-Affäre“, bei der es um überhöhte Wahlkampfkosten für den Wahlkampf 2012 geht. Auch in diesem Fall legte Sarkozy Berufung ein, die Entscheidung des obersten Gerichts wird für 2025 erwartet.

Ein symbolisches Urteil mit weitreichenden Folgen

Obwohl Sarkozy seine Strafe nicht in einem Gefängnis absitzen wird, ist die symbolische Bedeutung dieser Verurteilung immens. Ein ehemaliger Präsident unter elektronischer Überwachung – ein Bild, das für viele in Frankreich bezeichnend für den Niedergang eines einst mächtigen Politikers ist.

Doch was bedeutet dies für die politische Landschaft? Sarkozy bleibt trotz juristischer Niederlagen ein einflussreicher Akteur innerhalb der konservativen Partei Les Républicains. Seine Unterstützer sehen ihn als Opfer eines „politischen Prozesses“. Gegner hingegen werten das Urteil als überfällige Gerechtigkeit.

Ein Ende dieser juristischen Saga ist noch lange nicht in Sicht. Doch eines steht fest: Nicolas Sarkozy wird in Frankreichs Geschichtsbüchern als erster Ex-Präsident stehen, der eine Strafe unter elektronischer Überwachung verbüßen musste – ein unrühmlicher Meilenstein.


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