Die 2018 mit Frankreichs Nationalteam zum Weltmeister gekrönte Fußballlegende Paul Pogba steht im Mittelpunkt eines Prozesses, der am 26. November in Paris begonnen hat. Sechs Personen, darunter sein älterer Bruder Mathias, werden beschuldigt, Pogba im Jahr 2022 mit Gewalt und Erpressung bedroht zu haben, um 13 Millionen Euro von ihm zu fordern.
Erpressung und Entführung
Die Vorwürfe gegen die Angeklagten wiegen schwer: Neben Erpressung in bandenmäßiger Organisation werden ihnen Entführung und Nötigung unter Waffengewalt vorgeworfen. Paul Pogba schilderte den Ermittlern, wie er in der Nacht vom 19. auf den 20. März 2022 von bewaffneten Männern, teils aus seinem Jugendfreundeskreis, entführt und unter Druck gesetzt wurde.
Die Täter, darunter mehrere Freunde aus seiner Heimatstadt Roissy-en-Brie (Seine-et-Marne), forderten 13 Millionen Euro für angeblich geleistete „Dienste“ – eine Summe, die Pogba laut eigenen Angaben nicht zahlen konnte. Er überwies stattdessen 100.000 Euro, um die Situation zu entschärfen. Doch die Forderungen und Drohungen setzten sich fort, teils sogar an öffentlichen Orten wie dem Trainingszentrum der französischen Nationalmannschaft in Clairefontaine und am Manchester-United-Stützpunkt.
Mathias Pogba: Ein Bruder unter Verdacht
Besonders brisant ist die Rolle von Mathias Pogba. Der ältere Bruder des Mittelfeldstars soll zwar an der besagten Nacht der Entführung nicht beteiligt gewesen sein, wird aber beschuldigt, massiv Druck auf Paul und seine Familie ausgeübt zu haben.
Die „Affäre Pogba“ begann, öffentliches Aufsehen zu erregen, als Mathias im August 2022 ein Video in mehreren Sprachen veröffentlichte, in dem er „explosive Enthüllungen“ über seinen Bruder ankündigte. Später warf er Paul Pogba vor, angeblich den französischen Starspieler Kylian Mbappé mit einem „Marabout“ (afrikanischen Zauberer) verhext zu haben. Diese Vorwürfe wurden von Pogbas Anwälten scharf zurückgewiesen, die zugleich weitere Drohungen und Erpressungsversuche gegen ihren Mandanten anprangerten.
Gewalt und Loyalität: Ein brüchiger Freundeskreis
Die Verteidigung der Angeklagten bestreitet die Vorwürfe entschieden. Anwälte argumentierten, ihre Mandanten seien selbst Opfer der bewaffneten Täter gewesen, die Pogba bedrohten. „Mein Mandant wurde ebenfalls mit einer Waffe bedroht und gezwungen, sich auf den Boden zu legen“, erklärte Karim Morand-Lahouazi, der Anwalt eines der Angeklagten.
Trotz dieser Argumente bleibt die zentrale Frage: Warum gerieten ausgerechnet Paul Pogbas engste Vertraute und Familienmitglieder in diese prekäre Lage? In einer früheren Anhörung sagte Pogba, das Verhältnis zu seinem Bruder Mathias sei durch finanzielle Abhängigkeiten belastet gewesen. „Ich wollte, dass wir wieder wie Brüder sind – nicht wie Geschäftspartner.“
Mathias Pogba drückte ebenfalls vor Gericht seine Hoffnung auf eine Versöhnung aus: „Ich hoffe, dass unsere Einheit wiederhergestellt wird.“
Was droht den Angeklagten?
Die sechs Angeklagten, von denen einer aktuell inhaftiert ist, stehen vor schweren strafrechtlichen Konsequenzen. Im Fall einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren. Für Mathias Pogba könnte der Vorwurf der bandenmäßigen Erpressung und der Nötigung besonders schwer wiegen.
Ein Fall, der über den Fußball hinausgeht
Die „Affäre Pogba“ beleuchtet die Schattenseiten des Erfolgs und die potenziellen Gefahren, die mit Ruhm und Reichtum einhergehen. Der Fall zeigt, wie zerbrechlich persönliche Beziehungen werden können, wenn finanzielle Interessen ins Spiel kommen – selbst innerhalb von Familien.
Paul Pogba, einst Symbol für Teamgeist und Zusammenhalt, steht hier nicht nur als Opfer, sondern auch als tragische Figur im Zentrum eines Konflikts, der ihn zutiefst zu erschüttern scheint. Seine Worte über den Wunsch nach einer Rückkehr zur brüderlichen Beziehung machen deutlich, dass dieser Prozess weit mehr ist als eine juristische Auseinandersetzung: Es geht um Verrat, Vertrauen und die Frage, ob diese Wunden jemals heilen können.
Der Weg zur Aufklärung
Die Verhandlung, die bis zum 3. Dezember angesetzt ist, wird nicht nur die strafrechtlichen Fragen klären, sondern auch tieferliegende Konflikte in Pogbas sozialem und familiärem Umfeld ans Licht bringen. Am Ende wird das Urteil nicht nur über die Schuld oder Unschuld der Angeklagten entscheiden, sondern auch darüber, ob sich für Paul Pogba ein Weg aus diesem dunklen Kapitel seines Lebens auftut.
Man darf gespannt sein, ob die Brüder, wie sie hoffen, jemals zu einem echten Neuanfang finden können – oder ob der Prozess ein endgültiger Bruch bleibt.
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