Tag & Nacht

Ein neuer Tiefpunkt in der politischen Kultur Frankreichs?

In Zeiten, in denen das Rassemblement National in den Umfragen weit vorne liegt, scheint sich die rassistische Rhetorik in Frankreich zunehmend zu enthemmen. Ein aktuelles Beispiel ist ein Lied, das in den sozialen Medien veröffentlicht wurde und mittlerweile Gegenstand einer offiziellen Beschwerde ist.

Ein virales Phänomen mit abscheulichen Botschaften

Das Lied mit dem bewusst fehlerhaften Titel „Je partira pas“ hat innerhalb weniger Tage große Aufmerksamkeit auf Plattformen wie X (ehemals Twitter), TikTok und YouTube erlangt. Die Texte, die offen rassistische Inhalte verbreiten, wurden vor allem von extrem rechten Usern als „Sommerhit“ gefeiert. Eine Frauenstimme singt zu Elektromusik unter anderem folgende Zeilen: „Tu partiras avec ta Fatma, pour toi fini le RSA, le bateau n’attend pas“ (Du wirst mit deiner Fatma gehen, für dich ist das RSA – Sozialhilfe – vorbei, das Schiff wartet nicht) und „quand va passer Bardella, tu vas retourner chez toi, tu mettras ta djellaba, tu pourras prier toute la journée“ (wenn Bardella vorbeikommt, wirst du nach Hause gehen, deine Dschellaba anziehen und den ganzen Tag beten können).

Reaktionen und rechtliche Schritte

SOS Racisme hat schnell reagiert und eine Klage wegen Anstiftung zum Rassenhass eingereicht. In einer offiziellen Mitteilung verurteilt die Organisation die „widerlichen rassistischen Äußerungen“ und fordert die Plattformen auf, das Lied zu löschen sowie die Urheber zu sanktionieren. Der Verdacht liegt nahe, dass das Lied mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt wurde und sich weiterhin unkontrolliert in den sozialen Medien verbreitet.

Unterstützung durch bekannte Persönlichkeiten

Nicht nur die Verbreitung des Liedes selbst ist besorgniserregend, sondern auch die Tatsache, dass prominente Persönlichkeiten wie Éric Zemmour sich dazu öffentlich bekennen. Der Rechtsextremist Zemmour hat ein Video veröffentlicht, in dem er zu dem Lied tanzt. Der Titel „Je partira pas“ erinnert an eine Szene aus dem Jahr 2023, in der die Polizei einen Mann zwingt, in ein Flugzeug zu steigen, um Frankreich zu verlassen. „Je partira pas“, wiederholt er dabei mehrfach.

Die Popularität und Verbreitung solcher Inhalte werfen ernste Fragen über den derzeitigen Zustand der politischen und gesellschaftlichen Kultur in Frankreich auf. Kann es wirklich sein, dass solche rassistischen Botschaften immer mehr Akzeptanz finden? Es bleibt zu hoffen, dass die rechtlichen Schritte von SOS Racisme ein klares Zeichen setzen und dazu beitragen, dass diese Art von Hassrede nicht ungestraft bleibt.

Wird dieser Vorfall ein Wendepunkt sein, an dem die französische Gesellschaft klare Grenzen zieht und rassistische Hetze nicht mehr toleriert? Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, ob die Reaktionen stark genug sind, um einen positiven Wandel zu bewirken. Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Behörden, sondern bei den Bürgern – denn Schweigen ist keine Option.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!