Manchmal reicht eine einzige Unterschrift, um die Welt aus den Angeln zu heben – oder zumindest, um die Alarmglocken der Wissenschaft schrillen zu lassen. Donald Trump, erneut Präsident der Vereinigten Staaten, hat kürzlich ein Dekret unterzeichnet, das den großflächigen Abbau von Mineralien aus den Tiefen der Ozeane erlaubt. Und das nicht nur in amerikanischen Gewässern – auch die internationalen Gewässer, die bisher unter dem Schutz gemeinsamer Abkommen stehen, sind davon betroffen.
Doch was steckt hinter diesem Schritt? Und vor allem: Welche Risiken birgt diese Entscheidung für unseren Planeten?
Der Schatz am Grund der Meere
Tief unten, oft in mehr als 5.000 Metern Tiefe, liegen sie: schwarze, unscheinbare Steine – sogenannte Manganknollen. Doch ihr Inneres birgt wahre Schätze. Kupfer, Nickel, Kobalt und Mangan – genau jene Rohstoffe, die für Batterien in Elektroautos, Smartphones und vielen anderen Hightech-Produkten benötigt werden. Diese Knollen wachsen allerdings extrem langsam, oft nur wenige Millimeter pro Million Jahre.
Für die Industrie sind sie der heilige Gral der Energiewende. Denn ohne diese seltenen Metalle gibt es keine Elektromobilität, keine grüne Technologie – so das Argument der Befürworter.
Doch der Abbau dieser Rohstoffe in der Tiefsee ist alles andere als einfach. Roboter, die in völliger Dunkelheit operieren, tauchen bis in die geheimnisvollen Zonen des Ozeans ab, werfen Lichtkegel in das ewige Schwarz und saugen die Knollen vom Meeresboden ab. Der Clou? Die Sedimente, die dabei aufgewirbelt werden, bilden dichte Wolken, die sich kilometerweit ausbreiten und das fragile Ökosystem am Boden überdecken.
Ein Eingriff mit unabsehbaren Folgen
Tiefsee-Ökosysteme sind kaum erforscht – und genau das macht diesen Eingriff so gefährlich. Es ist ein wenig wie das Öffnen einer Wundertüte, ohne zu wissen, ob darin ein harmloses Geschenk oder eine explosive Überraschung steckt. Korallen, Schwämme, seltene Mikroorganismen – sie alle leben dort, angepasst an extreme Bedingungen. Doch wenn ihre Umgebung aufgewirbelt, zerstört und mit toxischen Rückständen belastet wird, könnten ganze Lebensräume unwiederbringlich verloren gehen.
Das eigentliche Drama spielt sich unsichtbar ab: Die Abfallstoffe, die beim Abbau entstehen und zurück ins Meer geleitet werden, enthalten giftige Partikel. Sie gefährden nicht nur die unmittelbare Umgebung, sondern könnten durch Meeresströmungen weit entfernte Gebiete kontaminieren. Ein langsames, schleichendes Gift für das Ökosystem.
Ein Moratorium als letzte Bremse?
Wissenschaftler fordern deshalb eindringlich ein Moratorium – ein vorübergehendes Verbot jeglicher Aktivitäten in der Tiefsee, bis die Risiken vollständig verstanden sind. Sie wollen Zeit gewinnen, um die Zusammenhänge in den empfindlichen Ökosystemen besser zu erforschen. Doch Zeit ist genau das, was Industrie und Politik oft nicht haben wollen – zu groß ist die Gier nach den begehrten Metallen, zu mächtig der wirtschaftliche Druck, die Versorgung mit Rohstoffen zu sichern.
Die Befürworter argumentieren, dass der Tiefseebergbau notwendig sei, um den Bedarf an Batteriemetallen für den Ausbau erneuerbarer Energien zu decken. Ohne diese Metalle – so ihre Rechnung – sei der grüne Wandel unmöglich.
Doch ist das wirklich so?
Gibt es Alternativen?
Recycling könnte eine Lösung sein. Viele Experten verweisen darauf, dass die Wiederverwertung von Altgeräten und Batterien längst nicht ausgeschöpft ist. Auch die Suche nach alternativen Materialien läuft auf Hochtouren. Neue Batterietechnologien könnten den Bedarf an Kobalt und Nickel in Zukunft senken. Doch das erfordert Investitionen und Geduld – beides scheint im Angesicht kurzfristiger Profite oft Mangelware.
Ein schleichendes Risiko für das Klima
Der Ozean ist nicht nur eine Schatztruhe voller Rohstoffe – er ist auch der größte CO₂-Speicher unseres Planeten. Störungen in seinen Tiefenzonen könnten Auswirkungen auf das gesamte Klimasystem haben. Wenn Sedimente aufgewirbelt werden, könnten gebundene Treibhausgase freigesetzt werden – ein unkalkulierbares Risiko für den ohnehin schon angeschlagenen Planeten.
Die Frage bleibt: Wie viel sind uns unsere Ozeane wert?
Mit Trumps Dekret ist ein neues Kapitel in der Geschichte des Rohstoffabbaus aufgeschlagen worden – eines, das möglicherweise ein düsteres Ende nimmt. Der Ruf nach Verantwortung, nach Vorsicht, nach Weitsicht wird lauter. Doch ob er im tosenden Wind der wirtschaftlichen Interessen gehört wird?
Von Catherine H.
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