Tag & Nacht

Die Berge faszinieren – sie ziehen Wanderer und Abenteurer magisch an. Doch genau diese Faszination führt oft zu gefährlichen Situationen. Jüngstes Beispiel: Ein Mann in Shorts und Turnschuhen musste in der Nähe von Tarbes aus über 200 Metern Höhe gerettet werden. Die Gendarmerie de haute montagne (PGHM) riskierte dabei nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Leben. Was treibt Menschen zu solchen riskanten Entscheidungen, und warum häufen sich diese Fälle gerade jetzt?


Unterschätzte Gefahr der Übergangszeiten

Berge haben ihre eigenen Regeln – und das Wetter schreibt viele davon. Gerade in den sogenannten Intersaisons (Übergangszeiten) wird es besonders tückisch: milde Temperaturen im Tal, eisige Bedingungen in höheren Lagen. Die vermeintliche Sicherheit durch Sonnenschein kann schnell trügerisch werden. In nur einem Monat mussten die Rettungsteams der PGHM fünf Mal ausrücken, darunter tragischerweise auch zu zwei tödlichen Unfällen.

Warum scheinen viele Wanderer das Risiko zu unterschätzen? Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht das Problem: Sonnige Wanderwege im Tal täuschen über den plötzlichen Wetterumschwung auf dem Gipfel hinweg. Und dann stehen die Rettungsteams bereit – oft mit Hubschrauber und aufwendigem Equipment. Wäre eine bessere Planung nicht der einfachere Weg?


Kurze Hosen, große Probleme

Die Kleidung der Bergsteiger ist oft ein Symbol für das zugrunde liegende Problem: mangelnde Vorbereitung. Shorts und Sneakers – ideal für den Stadtbummel, aber eine Katastrophe für felsige Pfade. Bei der Rettung des Mannes nahe Tarbes war das Wetter so schlecht, dass die Retter sich selbst in Gefahr brachten. Was tun, wenn die eigene Nachlässigkeit zum Risiko für andere wird?

Es geht nicht nur um persönliche Sicherheit. Rettungsaktionen sind teuer, zeitaufwendig und beanspruchen Personal, das an anderer Stelle dringend gebraucht wird. Darüber hinaus kommen die Retter manchmal an ihre körperlichen und emotionalen Grenzen. Einige von ihnen berichten, wie sehr die Häufung solcher Einsätze an ihrer Motivation zehrt.


Warum häufen sich die Einsätze?

Die Antwort liegt in mehreren Faktoren:

  1. Die Zugänglichkeit der Berge: Moderne Verkehrsmittel und digitale Tools wie Karten-Apps machen Berge für immer mehr Menschen erreichbar.
  2. Die Sehnsucht nach Natur: Gerade nach pandemiebedingten Einschränkungen suchen viele Erholung in der Natur – manchmal ohne die nötige Erfahrung.
  3. Soziale Medien: Bilder von scheinbar mühelosen Gipfelbesteigungen in Instagram-Feeds wecken bei vielen den Wunsch, es „einfach mal zu probieren“.

Doch Natur ist kein Freizeitpark. Die Berge haben kein Sicherheitsnetz, und eine Fehleinschätzung kann schnell tödlich enden.


Ein Appell an die Vernunft

Niemand möchte, dass die Faszination für die Natur verloren geht. Doch wäre es nicht klug, sich vor einer Tour ein paar Fragen zu stellen? Bin ich richtig ausgerüstet? Habe ich das Wetter geprüft? Kenne ich die Route? Solche Überlegungen könnten viele Einsätze überflüssig machen – und Leben retten.

Die Gendarmerie und andere Rettungsteams leisten Großartiges. Doch wie lange ist es vertretbar, sie immer wieder in solche riskanten Situationen zu schicken? Vielleicht hilft ein Perspektivwechsel: Statt unbedacht ins Abenteuer zu stürzen, könnten wir lernen, die Berge mit dem Respekt zu behandeln, den sie verdienen.

Denn am Ende ist kein Gipfel der Welt den Preis wert, den wir zahlen, wenn wir die Natur und unsere Grenzen unterschätzen.


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