Tag & Nacht

Laut vertraulichen Dokumenten, die Journalisten von Disclose einsehen konnten, und Informationen aus offenen Quellen hat Frankreich seit 2015 mindestens 76 Ausfuhrgenehmigungen für Kriegsmaterial nach Russland erteilt. Dabei handelt es sich unter anderem um Wärmebildkameras, die für die Ausrüstung von Panzern bestimmt sind.

Frankreich hat die russische Armee zwischen 2014 und 2020 mit Kriegsmaterial ausgerüstet und dabei eine Gesetzeslücke ausgenutzt. Dies geht aus einer Untersuchung der investigativen Website Disclose hervor, die am Montag, dem 14. März veröffentlicht wurde. Disclose zufolge könnte dieses Material, das zur Modernisierung der russischen Land- und Luftstreitkräfte beigetragen hat, heute im Krieg in der Ukraine eingesetzt werden.

Dabei hatte die Europäische Union bereits seit August 2014 ein Waffenembargo gegen Russland verhängt. Da es aber nicht rückwirkend gilt, können Verträge, die vor diesem Embargo unterzeichnet wurden, fortgesetzt und Waffenlieferungen durchgeführt werden – eine Lücke, in die die Regierungen von François Hollande und Emmanuel Macron offensichtlich ausgenutzt haben.

Ariane Lavrilleux eine der Autorinnen der Untersuchung, prangert „eine politische Entscheidung, hinter verschlossenen Türen“ an.

Ariane Lavrilleux behauptet, dass der französische Staat „seit 2014 entschieden hat, dass diese Waffen keine Probleme darstellen und dass man sie weiterhin nach Russland exportieren kann“.

Ausrüstungsgegenstände im Wert von 152 Millionen Euro.
Die investigative Website Disclose erhielt ihre Informationen sowohl aus vertraulichen Verteidigungsdokumenten als auch aus offenen Quellen. Sie beweisen, dass Frankreich seit 2015 mindestens 76 Ausfuhrgenehmigungen für Kriegsmaterial im Wert von 152 Millionen Euro an Russland erteilt hat, wie aus einem Bericht des Parlaments über Rüstungsexporte hervorgeht, den Disclose eingesehen hat.

Demnach handelte es sich bei den Ausfuhren vor allem um Wärmebildkameras zur Ausrüstung von über 1.000 russischen Panzern sowie um Navigationssysteme und Infrarotsensoren für Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber der russischen Luftwaffe. Die Lieferungen stammten laut Disclose von den Unternehmen Thales und Safran, deren größter Anteilseigner der französische Staat ist.

Die an Russland verkauften Wärmebildkameras „Catherine FC“ und „Catherine XP“ können in das Zielsystem eines Panzers integriert werden und können mitten in der Nacht menschliche Ziele aufspüren oder ein Fahrzeug in einem Umkreis von 10 Kilometern orten. Laut der investigativen Website wurden diese Kameras bereits 2014 in der Ukraine während des Donbass-Konflikts von russischen Streitkräften eingesetzt. Jetzt, im Jahr 2022, könnten diese Kameras laut Disclose in den Panzern verbaut sein, die auf die Ukrainer schießen.

Französisches Kriegsmaterial in der Ukraine im Einsatz
Darüber hinaus versichert Disclose, dass „Matis STD“-Kameras des französischen Safran-Konzerns drei Typen russischer Panzer ausrüsten, die jetzt bei dem russischen Überfall auf die Ukraine eingesetzt werden. Und nach den Informationen von Disclose rüstete die französische Rüstungsindustrie auch die russische Luftwaffe aus. So hat der Thales-Konzern seit einem 2014 unterzeichneten Vertrag, dessen Lieferungen bis 2018 erfolgten, 60 SU-30-Kampfflugzeuge mit seinem Navigationssystem Tacan ausgestattet. Heute fliegen diese Kampfflugzeuge laut Disclose Tag und Nacht über die Ukraine.

Schließlich versichern die Enthüllungsjournalisten, dass in Ka-52 Hubschraubern der russischen Armee, die über der Ukraine eingesetzt werden, ein vom französischen Safran-Konzern hergestelltes Infrarot-Bildgebungssystem an Bord haben. Disclose zufolge unterzeichnete das Unternehmen Sofradir, an dem Safran und Thales beteiligt sind, im Oktober 2012 einen Vertrag über 5,2 Millionen Euro mit Russland. Und laut einer von der Enthüllungsseite entdeckten Notiz soll Sofradir auch jetzt noch „258 Infrarotdetektoren“ an das russische Unternehmen TCP Linkos liefern.


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