Tag & Nacht

In Montpellier wurde ein 48-jähriger Mann zu zwei Jahren Haft verurteilt, davon ein Jahr auf Bewährung. Der Grund: eine antisemitische Attacke in einer städtischen Tram. Die Tat ereignete sich am 6. August und sorgte nicht nur lokal, sondern auch überregional für Entsetzen.

Eine beängstigende Szene im öffentlichen Nahverkehr

Es war ein Vorfall, wie er in einer offenen Gesellschaft eigentlich keinen Platz haben sollte – und dennoch passierte er. In einer Tram von Montpellier sprach der Täter einen Touristen aus Paris an, der ihm gegenüber saß, und fragte wiederholt, ob dieser Jude sei. Ohne eine Antwort abzuwarten, griff er den Mann körperlich an. Die bedrückende Szene wurde von einer Mitfahrerin mit dem Smartphone aufgenommen und später in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. Das Video verbreitete sich rasch und sorgte für eine Welle der Empörung.

Der Täter wurde dank der Videoaufnahmen identifiziert und schließlich in seinem Zuhause festgenommen. Dabei spielte auch der Aufruf des Conseil représentatif des institutions juives de France (Crif) im Departement Languedoc-Roussillon eine entscheidende Rolle, was dazu beitrug, dass Zeugen sich meldeten.

Prozess und Urteilsbegründung

Vor Gericht gestand der Angeklagte zwar die körperliche Attacke, bestritt jedoch den antisemitischen Hintergrund der Tat. Seine Rechtfertigung? Er sei alkoholisiert gewesen und habe aufgrund der aktuellen Lage im Gazastreifen entsprechend reagiert. Der Richter ließ diese Ausrede nicht gelten. Wie der Staatsanwalt betonte, ist es völlig inakzeptabel, die jüdische Bevölkerung Frankreichs für Ereignisse verantwortlich zu machen, die sich tausende Kilometer entfernt abspielen.

Das Gericht folgte den Anträgen der Anklage und verhängte eine zweijährige Haftstrafe, wobei ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ein Urteil, das klare Zeichen setzt: Solche Taten werden nicht geduldet – unabhängig von den Umständen, in denen sie begangen werden.

Antisemitismus: Ein wachsendes Problem in Frankreich

Der Fall verdeutlicht auf beunruhigende Weise, wie sehr der Antisemitismus in Frankreich wieder auf dem Vormarsch ist. Perla Danan, Präsidentin des Crif Languedoc-Roussillon, brachte es auf den Punkt: „Der Fall zeigt, dass Antisemitismus nicht nur die jüdische Gemeinschaft betrifft, sondern alle Franzosen. Er ist ein Gift für unsere Demokratie.“

Und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Allein im ersten Halbjahr 2024 wurden 887 antisemitische Vorfälle in Frankreich registriert – dreimal so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das verkündete der noch amtierende Innenminister Gérald Darmanin, der die zunehmenden antisemitischen Taten als alarmierend bezeichnete. Besonders erschreckend: Diese Zunahme kommt nicht aus dem Nichts, sondern ist Teil eines besorgniserregenden Trends, der seit dem letzten Herbst zu beobachten ist.

Was tun gegen den wachsenden Hass?

Die große Frage, die sich hier stellt: Was kann eine Gesellschaft gegen solch einen schleichenden Anstieg von Hass und Intoleranz unternehmen? Prävention ist dabei das A und O. In Schulen, öffentlichen Einrichtungen und im alltäglichen Leben muss der Gedanke von Respekt und Toleranz stärker verankert werden.

Es reicht nicht, nur über die Gewalt zu sprechen – sie muss aktiv bekämpft werden. Dazu gehört auch, antisemitische Einstellungen klar zu benennen und ihnen öffentlich entgegenzutreten. Denn, wie man so schön sagt: „Wer schweigt, stimmt zu.“ Es liegt an uns allen, die Stimme zu erheben und klarzumachen, dass Antisemitismus keinen Platz in unserer Gesellschaft hat.

In diesem Kontext ist auch die Rolle der sozialen Medien nicht zu unterschätzen. Auf der einen Seite bieten sie Plattformen, auf denen Hassreden und Gewaltaufrufe schneller verbreitet werden können. Auf der anderen Seite ermöglichen sie aber auch, solche Taten sichtbar zu machen und ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schaffen.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Urteil gegen den Angreifer in Montpellier sendet daher eine klare Botschaft: Wer antisemitische Taten begeht, wird zur Verantwortung gezogen. Dabei ist es unerheblich, ob das Opfer tatsächlich jüdisch ist oder nicht – es ist der rassistische Gedanke dahinter, der geahndet wird. Damit macht das Gericht deutlich, dass in Frankreich für Antisemitismus kein Platz ist.

Am Ende bleibt jedoch die Erkenntnis: Solange solche Taten nicht nur verurteilt, sondern gesellschaftlich geächtet werden, können wir auf eine Veränderung hoffen. Nur wenn wir gemeinsam gegen den Hass aufstehen, können wir eine offene und tolerante Gesellschaft aufrechterhalten.


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