Jedes Jahr am 8. März ist es soweit: Der Internationale Frauentag rückt die Rechte und Errungenschaften von Frauen in den Mittelpunkt – aber auch die Ungleichheiten, die weiterhin bestehen. Während in Deutschland vielerorts rote Rosen verteilt werden, geht es in Frankreich oft kämpferischer zu. Dort stehen Demonstrationen, Proteste und klare Forderungen im Mittelpunkt. Doch wie weit sind beide Länder wirklich, wenn es um Gleichstellung geht? Ein Blick auf die Fakten zeigt: Es bleibt viel zu tun.
Gleiche Arbeit, ungleicher Lohn: Das „Equal Pay Gap“ in Deutschland und Frankreich
Eine der sichtbarsten Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen bleibt das Gender Pay Gap – also der Unterschied zwischen den Gehältern. In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 18 % weniger als Männer (Stand 2024). In Frankreich liegt die Lohnlücke mit 15,4 % etwas niedriger, aber immer noch weit entfernt von echter Gleichberechtigung.
Besonders interessant ist der Umgang mit dem sogenannten Equal Pay Day. In Deutschland markiert dieser Tag symbolisch, wie lange Frauen im Vergleich zu Männern „umsonst“ arbeiten – basierend auf dem durchschnittlichen Lohnunterschied. 2024 fiel der Equal Pay Day in Deutschland auf den 6. März. In Frankreich hingegen ist der Equal Pay Day meist erst im November oder Dezember – aber mit einer anderen Botschaft: Er soll daran erinnern, dass Frauen ab diesem Zeitpunkt quasi „gratis“ arbeiten.
Doch woran liegt diese Lücke? Ein großer Teil des Problems ist strukturell:
- Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit oder in schlechter bezahlten Berufen.
- Führungsetagen bleiben weiterhin männlich dominiert.
- Frauen übernehmen den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit – also Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushalt.
Und hier wird es spannend: In Frankreich gibt es einen viel stärkeren Fokus auf staatliche Unterstützung für Familien. Krippenplätze sind dort günstiger und leichter verfügbar, wodurch Frauen schneller wieder in den Beruf zurückkehren können. In Deutschland hingegen wird der Wiedereinstieg oft erschwert, weil Betreuungsplätze fehlen oder teuer sind.
Der Internationale Frauentag: Feiertag oder Kampftag?
Wie der 8. März begangen wird, unterscheidet sich in Deutschland und Frankreich ebenfalls stark.
- Deutschland: In Berlin ist der Internationale Frauentag seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag – und auch in Mecklenburg-Vorpommern ist er seit 2023 arbeitsfrei. In anderen Bundesländern wird er zwar mit Veranstaltungen gewürdigt, bleibt aber ein regulärer Arbeitstag. Oft steht die Symbolik im Vordergrund: Blumen, Dankesworte – aber wenig Konkretes.
- Frankreich: Dort ist der 8. März kein gesetzlicher Feiertag, aber ein Tag des Protests. Gewerkschaften und feministische Organisationen rufen zu Demonstrationen auf, um gegen Diskriminierung, Sexismus und Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Präsident Emmanuel Macron hat 2024 angekündigt, dass der Kampf für Frauenrechte eine „nationale Priorität“ sei – ob das mehr ist als Worte, wird sich zeigen.
In Frankreich liegt der Fokus stärker auf gesetzlichen Maßnahmen, während in Deutschland oft über Bewusstsein und Symbolik gesprochen wird. Das zeigt sich auch in der Politik: Frankreich hat beispielsweise ein Gesetz zur gleichen Bezahlung verabschiedet, das Unternehmen verpflichtet, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen aktiv auszugleichen. In Deutschland bleibt es oft bei freiwilligen Maßnahmen und Appellen an Unternehmen.
Gewalt gegen Frauen: Ein Thema, das nicht übersehen werden darf
Ein weiteres wichtiges Thema: Gewalt gegen Frauen. In Frankreich gibt es jährlich rund 120 Femizide – also Fälle, in denen Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet werden. In Deutschland sind es etwa 140 pro Jahr. Trotz ähnlicher Zahlen gibt es große Unterschiede im Umgang mit dem Thema:
- Frankreich hat 2019 den „Grenelle des violences conjugales“ eingeführt – eine Art nationalen Runden Tisch, um Strategien gegen häusliche Gewalt zu entwickeln. Zudem gibt es spezielle Notrufnummern und verstärkten Schutz für Opfer.
- Deutschland kämpft noch immer mit überfüllten Frauenhäusern und einer oft schleppenden juristischen Verfolgung von Tätern.
Beide Länder haben Fortschritte gemacht – aber der Schutz von Frauen bleibt eine Daueraufgabe.
Und jetzt? Mehr als ein Tag im Kalender
Der Internationale Frauentag ist wichtig – aber er darf nicht zu einer bloßen Tradition verkommen. Denn Blumen und nette Worte reichen nicht, wenn Frauen weiterhin weniger verdienen, häufiger Opfer von Gewalt werden und in Führungspositionen unterrepräsentiert sind.
Was wäre also ein echter Fortschritt?
- In Deutschland: Eine stärkere Verpflichtung für Unternehmen, Lohntransparenz zu schaffen und das Gender Pay Gap aktiv zu schließen. Mehr Investitionen in Kinderbetreuung, damit Frauen nicht zwischen Familie und Karriere wählen müssen.
- In Frankreich: Konsequente Umsetzung bestehender Gesetze, um die Gleichstellung in der Praxis zu sichern – und nicht nur auf dem Papier.
Eines ist klar: Frauen haben in den letzten Jahrzehnten viel erreicht – aber echte Gleichberechtigung bleibt ein Kampf. Und der sollte nicht nur am 8. März geführt werden.
C. Hatty
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