Tag & Nacht




22. März – Weltwassertag. Ein Datum, das in Zeiten von Extremwetter, Dürreperioden und Wasserknappheit mehr Gewicht hat denn je. Vergangenes Jahr stand dieser Tag unter dem Motto „Wasser für den Frieden“ – ein Thema, das weit über Konfliktregionen hinausreicht. Denn was, wenn sich der Kampf ums Wasser bald auch in Mitteleuropa abspielt?

Ein Blick auf Europa, Frankreich und Deutschland offenbart: Unsere Wasserressourcen stehen unter massivem Druck. Und das liegt nicht nur an langen Sommern oder seltenen Wintern – die Ursachen sind vielschichtig, menschengemacht und hochgradig besorgniserregend.

Und aus diesem Grund lautet das Motto des Weltwassertages 2025: „Erhalt der Gletscher“.


Gletscher als Wassertanks – und warum sie uns wegbrechen

Beginnen wir in den Hochlagen: In den Alpen speisen Gletscher seit Jahrhunderten Flüsse, Seen und Böden mit Schmelzwasser. Sie funktionieren wie riesige Wasserspeicher – langsam, gleichmäßig, zuverlässig. Doch diese Speicher schmelzen. Jahr für Jahr verlieren die Alpengletscher an Masse. Einige – wie der Schneeferner in Bayern – haben bereits ihren Gletscherstatus verloren.

Wenn diese Eismassen verschwinden, verändert sich nicht nur das Landschaftsbild. Auch der Wasserhaushalt in ganz Mitteleuropa gerät aus dem Gleichgewicht. Flüsse wie die Rhone, der Rhein oder die Donau erhalten im Sommer weniger Nachschub. Das trifft Landwirtschaft, Industrie, Trinkwasserversorgung – kurz: alle Lebensbereiche.


Frankreichs Flüsse – zwischen Romantik und Realität

Die Seine schlängelt sich wie eine glänzende Ader durch Paris, voller Symbolik, voller Geschichte. Doch wer genauer hinschaut, sieht: Die Wasserqualität ist ein Dauerproblem. Millionen wurden investiert, um den Fluss zu säubern, besonders für die Olympischen Spiele. Und dennoch bleibt das Wasser mancherorts gesundheitlich bedenklich. Warum ist das so schwer?

Die Antwort liegt in der urbanen Infrastruktur, im Überlauf veralteter Klärsysteme, in Verschmutzungen aus Landwirtschaft und Industrie. Trotz aller Bemühungen bleibt der Weg zur sauberen, naturnahen Seine ein steiniger. Das Bild wiederholt sich in Marseille, Lyon, Bordeaux. Frankreich steht sinnbildlich für Europas Herausforderung: der Spagat zwischen modernen Städten, altem Leitungsnetz und dem Druck wachsender Klimarisiken.


Deutschland – reich an Wasser, aber nicht an Lösungen?

Deutschland gilt oft als wasserreiches Land. Viel Regen, viele Flüsse, stabile Versorgung. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Dürrejahre häufen sich, Böden verlieren ihre Speicherfähigkeit, Grundwasserspiegel sinken. Die Infrastruktur ist vielerorts nicht für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet.

In Zahlen gesprochen: Hunderte Milliarden Euro müssten in den kommenden zwei Jahrzehnten in Wasserleitungen, Kläranlagen, Speicher- und Managementsysteme investiert werden. Viel Geld – aber auch dringend notwendig. Denn wer einmal die Versorgungssicherheit verliert, gewinnt sie nicht so einfach zurück.

Dazu kommen neue Probleme: Mikroplastik, Medikamentenrückstände, Nitratbelastung. Der Wasserkreislauf wird zunehmend zu einer Art Labor – mit offenem Ausgang.


Die Klimakrise schmilzt nicht nur Gletscher – sie spaltet auch Gesellschaften

Was viele unterschätzen: Wasser ist auch ein Gerechtigkeitsthema. Denn wie gerecht ist es, wenn sich reiche Regionen teure Aufbereitungssysteme leisten, während andere mit maroden Leitungen oder kontaminiertem Grundwasser leben müssen?

Zudem trifft Wasserknappheit zuerst die Schwächsten: Ältere Menschen in heißen Städten, Landwirte in trockenen Regionen, Kinder ohne sicheren Zugang zu sauberem Wasser. Die Klimakrise wirkt wie ein Vergrößerungsglas – sie macht sichtbar, was schiefläuft. Und sie verschärft Ungleichheiten.

Aber was tun? Müssen wir in Zukunft unser Wasser rationieren? Werden wir Luxussteuern auf hohe Verbräuche erleben? Oder gelingt es, durch kluge Politik, Technologie und gemeinschaftliche Lösungen gegenzusteuern?


Wasserpolitik in Europa: Viel Papier, wenig Fluss?

Die EU hat längst Richtlinien erlassen: die Wasserrahmenrichtlinie, zur Nitratvermeidung, zur Renaturierung von Flüssen. Doch oft fehlen die konkreten Umsetzungen vor Ort. Ein Fluss wird nicht sauber, nur weil es im Gesetz steht. Es braucht Engagement, Geld, Mut – und manchmal auch Protest.

In Deutschland, Frankreich, Italien, Polen: Überall kämpfen Umweltverbände gegen industrielle Verschmutzung, gegen Bodenversiegelung, gegen Wasserraubbau. Ihre Stimmen finden zunehmend Gehör – aber oft erst dann, wenn der Schaden bereits da ist.


Zukunftsperspektiven – oder: wie retten wir unser Wasser?

Die gute Nachricht zuerst: Noch haben wir Spielräume. Neue Technologien zur Abwasseraufbereitung, dezentrale Regenwassernutzung, intelligente Systeme zur Steuerung von Wasserflüssen – all das gibt es. Nur: Es wird viel zu wenig genutzt. Oft scheitert es an Bürokratie oder schlicht an fehlendem politischen Willen.

Zugleich zeigt sich: Wo kommunale Akteure, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, entstehen innovative Lösungen. Städte werden „blau-grün“ gedacht – mit Schwammflächen, Regenwassergärten, offener Kanalisation. Landwirtschaft arbeitet mit Tröpfchenbewässerung, Zwischenfrüchten, Bodenanalysen. Das ist nicht Utopie – das passiert bereits.

Doch wie bekommen wir das in die Breite?


Ein persönlicher Gedanke zum Schluss

Ich erinnere mich an einen Sommer in Südfrankreich, irgendwo in der Provence. Der Bach, in den ich noch das Jahr zuvor meine <füsse streckte, war versiegt. Statt Wasser nur Steine. Statt Fischen nur Staub. Und ich dachte: Das kann doch nicht sein – das war doch immer da. Damals war ich entsetzt und ratlos. Heute weiß ich: Nichts bleibt, wenn wir nicht dafür kämpfen.

Der Weltwassertag ist mehr als Symbolik. Er ist eine Mahnung – und eine Einladung. Lasst uns nicht warten, bis das Wasser weg ist. Lasst uns anfangen. Im Großen wie im Kleinen. Denn Wasser ist kein Rohstoff. Es ist ein Recht.

Und ohne dieses Recht wird es keinen Frieden geben – nicht in Europa, nicht weltweit.

Von Andreas M. B.

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!