Tag & Nacht

Der bekannte und umstrittene Geschäftsmann und ehemalige Chef von Olympique de Marseille hatte im September 2017 bekannt gegeben, dass er an Magenkrebs mit Ausweitung auf die Speiseröhre leidet.

Geschäftsmann, Minister, Komiker, Medien- und Fußballmann, kurzzeitiger Formel-3-Fahrer, Sänger… Bernard Tapie, der Mann mit den vielen Leben, ist am Sonntag, dem 3. Oktober, an Krebs gestorben, wie seine Familie gegenüber Franceinfo bestätigte. Er wurde 78 Jahre alt.

Im September 2017 hatte Bernard Tapie bekannt gegeben, dass er an Magenkrebs mit Ausbreitung auf die Speiseröhre erkrankt war und sich im Januar 2018 einer großen Operation mit anschließender Chemotherapie unterzogen. Die Bekanntgabe seiner Krankheit hatte bei den Anhängern des Olympique de Marseille, dem Verein, dem er von 1986 bis 1994 vorstand, starke Emotionen ausgelöst: Am 24. September 2017 hatten sie im Stadion mehrere Spruchbänder aufgehängt, auf denen zu lesen war: „Courage Nanard, on est avec toi“. „Das ist die beste Chemobehandlung, die ich je hatte“, sagte ein emotionaler Bernard Tapie daraufhin.

Ein Symbol der „goldenen Jahre“
Der 1943 in Paris geborene Arbeitersohn, der Mitte der 1980er Jahre den sozialen Erfolg und die „goldenen Jahre“ verkörperte, spezialisierte sich Ende der 1970er Jahre auf die Übernahme und den Weiterverkauf von Unternehmen in Schwierigkeiten. Als „Zorro der Unternehmen“ kaufte er den Sportartikelhersteller Adidas und erwarb ein Vermögen, das es ihm ermöglichte, ein Hotel in Paris und ein luxuriöses Segelboot, die legendäre Phocéa, zu kaufen. 1983 investierte Bernard Tapie in den Sport, zunächst mit der Gründung eines Radsportteams, dann mit der Übernahme des Fussballklubs Olympique de Marseille, den er vom Tabellenende an die Spitze Europas führte und mit dem er 1993 die Champions League gewann.

Sein Erfolg wurde in dem 1986 erschienenen Bestseller „Gagner (Gewinnen)“ und in der 1986 und 1987 ausgestrahlten Fernsehsendung „Ambitionen“ dargestellt und geteilt. Als Symbol eines extravaganten und durchsetzungsfähigen Kapitalismus sagte er über sich und diese Zeit: „Wenn ich eines kann, dann ist es, Geld zu verdienen“.

Eine politische Sternschnuppe
Aber Tapie war auch in der Politik tätig. 1987 stellte ihn der Werbefachmann Jacques Séguéla bei François Mitterrand vor. Im darauf folgenden Jahr kandidiert Bernard Tapie unter dem Label „Majorité présidentielle“ für die Parlamentswahlen in Marseille und nutzt seine Bekanntheit. Nach seiner Wahl 1989 konnte er in den Folgejahren eine Reihe weiterer Wahlerfolge verbuchen: bei den Regionalwahlen 1992, bei den Parlamentswahlen 1993, wo er in Gardanne inmitten der Niederlage der Linken unter dem Label MRG gewählt wurde, und 1994 bei den Europawahlen, wo seine Liste mit 12,5% der Stimmen mit der von Michel Rocard konkurrierte und den Präsidentschaftsambitionen des ehemaligen Premierministers ein Ende setzte.

Inmitten des Aufstiegs des Front National sah sich Bernard Tapie als den wichtigsten Gegenspieler von Jean-Marie Le Pen. In den heftigen Debatten, die er mit Le Pen führte, verteidigte er vor allem die Jugendlichen der Arbeitervororte, die im Visier der rechtsextremen Partei standen. Später dann hat „Nanard“ die Seiten gewechselt und unterstützte den konservativen Nicolas Sarkozy im Wahlkampf 2007 und 2012.

Viele Prozesse begleiteten sein Leben bis zum Schluss
1993 stand Bernard Tapie im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre beim Fussballklub Olympique de Marseille im Rampenlicht. Im November 1995 wurde er wegen „Beihilfe zur Bestechung und Bestechlichkeit von Zeugen“ zu zwei Jahren Haft, davon 12 Monate auf Bewährung, und drei Jahren Sperre als Vorsitzender seines Fussballklubs verurteilt. Er verbrachte 165 Tage im Gefängnis und wurde im Juli 1997 auf Bewährung entlassen. Wenige Tage vor seiner Entlassung wurde er in einem Berufungsverfahren wegen „Steuerbetrugs“ zu weiteren achtzehn Monaten Haft verurteilt, von denen zwölf zur Bewährung ausgesetzt wurden, sowie zu dreißig Monaten Haft auf Bewährung wegen „Missbrauchs von Firmenvermögen“ in einem Fall, der die Gesellschaft betraf, die seine Jacht Phocéa verwaltete. Bernard Tapie kehrte jedoch nicht ins Gefängnis zurück und erwirkte, dass die Strafen zusammengelegt wurden.

Aber der Fall, der ihn am längsten verfolgte, heißt Adidas-Credit Lyonnais. Tapie sah sich sich von der Bank Credit Lyonnais beim Verkauf von Adidas im Jahr 1993 betrogen und begann einen langen Rechtsstreit, der 2008 mit einem Schiedsverfahren zu seinen Gunsten endete: Er erhielt 404 Millionen Euro zur Beilegung seines Streits (240 Millionen Euro für entgangene Gewinne, 45 Millionen für moralische Schäden und etwa 118 Millionen Euro an Zinsen). Im September 2012 leitete die Pariser Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Untersuchung ein, um herauszufinden, ob dieses Verfahren auf Anweisung der französischen Staatsspitze manipuliert worden sein könnte. Am 18. Mai 2017 wurde Bernard Tapie rechtskräftig zur Rückzahlung des erhaltenen Betrags verurteilt. Ende Januar 2017 haben die Staatsanwaltschaft und das Consortium de réalisation (CDR), das für die Verwaltung der Verbindlichkeiten des Crédit Lyonnais zuständig ist, die Liquidation der Unternehmen von Bernard Tapie beantragt.

Im März/April 2019 wurde der Fall vor dem Pariser Strafgericht verhandelt. Ein Prozess gegen Bernard Tapie wegen „Betrugs“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ wurde eröffnet. Die Pariser Staatsanwaltschaft forderte fünf Jahre Gefängnis, aber der Geschäftsmann wird entgegen aller Wahrscheinlichkeit freigesprochen. „Ich denke, ich habe dem Gericht bewiesen, dass kein Betrug und keine Straftat vorlag“, sagte sein Anwalt Hervé Temime. Während des anschliessenden Berufungsverfahrens im vergangenen Frühjahr hatte die Staatsanwaltschaft nochmals eine fünfjährige Haftstrafe auf Bewährung gegen ihn beantragt. Die Entscheidung wird für den 6. Oktober erwartet. Aber Bernard Tapie ist nun nicht mehr da…

Bernard Tapies legendäre Yacht PHOCEA

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