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Cannes macht ernst. Ab 1. Januar 2026 darf nur noch ein Kreuzfahrtschiff mit mehr als 3.000 Passagieren pro Tag in der Bucht vor Anker gehen – nie zwei gleichzeitig. Das hat der Stadtrat einstimmig beschlossen. Die Folgen sind gewaltig, denn die Zahl der Anläufe solcher Riesenschiffe wird deutlich sinken, von derzeit 175 pro Jahr auf 34 im Jahr 2026 und 31 im Jahr 2027. Außerdem wird die tägliche Zahl der Kreuzfahrtgäste auf maximal 6.000 begrenzt.

Ein Strategiewechsel mit Ansage

David Lisnard, Bürgermeister von Cannes, betont: Es geht nicht darum, Kreuzfahrten grundsätzlich zu verbannen. „Wir wollen kleinere, schönere und vor allem umweltfreundliche Schiffe begrüßen.“ Ab 2030 sollen idealerweise nur noch Schiffe mit maximal 1.300 Passagieren Cannes anlaufen. Ein klarer Kurswechsel.

Europaweit auf dem Rückzug

Cannes ist kein Einzelfall. Auch Nizza hat längst die Notbremse gezogen: Dort dürfen nur noch Schiffe mit weniger als 450 Passagieren im Hafen anlegen. Die Bucht von Villefranche-sur-Mer bei Nizza wird beschränkt auf 65 Kreuzfahrtschiffe pro Jahr – ebenfalls immer nur eines gleichzeitig. Und weiter westlich? Venedig hat seine Kanäle für große Kreuzer schon 2021 gesperrt. Barcelona und Amsterdam verschärfen ebenfalls die Regeln, um dem Massentourismus und seinen ökologischen Folgen Einhalt zu gebieten.

Ein Schlag ins Kontor der Kreuzfahrtbranche

Für die Cruise Lines International Association (CLIA) ist das ein harter Schlag. Der Verband hält die Beschränkungen für ungerechtfertigt und warnt vor wirtschaftlichen Schäden für die Hafenstädte. Doch viele Bewohner und lokale Politiker sehen das anders.

Zahlen, die aufrütteln

2024 legten in der Bucht von Cannes 175 Kreuzfahrtschiffe an. 460.000 Passagiere strömten in die Stadt. Manche der gigantischen Schiffe transportierten über 5.000 Menschen auf einen Schlag. Schon 2019 hatte Cannes eine Umweltcharta eingeführt, die Reedereien zu nachhaltigeren Praktiken verpflichtete – mit der Drohung, andernfalls den Zugang zu verwehren.

Mehr Luft, mehr Raum, weniger CO₂

Warum dieser drastische Schritt? Weil die Stadtverwaltung erkannt hat, dass Massentourismus nicht nur Geld bringt, sondern auch gewaltige Probleme: Luftverschmutzung, Belastung der Meeresfauna, Überfüllung der Altstadtgassen. Die neue Regelung soll dafür sorgen, dass Cannes atmen kann – im doppelten Sinne.

Europa im Wandel

Venedig, Barcelona, Amsterdam, Nizza und jetzt Cannes. Eine Frage drängt sich auf: Wird der Mittelmeerraum künftig ein Luxusziel nur für kleinere, hochpreisige Schiffe? Die Städte scheinen sich dafür entschieden zu haben. Und wer genau hinsieht, erkennt: Hier entsteht ein neues Tourismusmodell. Eines, das nicht mehr auf Masse setzt, sondern auf Qualität, Ästhetik und Nachhaltigkeit.

Wohin steuert die Kreuzfahrt?

Die Branche muss sich anpassen. Die größten Schiffe könnten künftig außen vor bleiben. Kleinere Reedereien mit modernen, umweltfreundlichen Schiffen dürften an Einfluss gewinnen. Vielleicht ist es genau dieser Wandel, den viele Urlauber schon lange herbeisehnen: weniger Gedränge, mehr Genuss, mehr Raum, weniger Emissionen.

Eine Frage bleibt offen – wird die Branche schnell genug reagieren, um in diesem neuen Hafen der Nachhaltigkeit nicht unterzugehen?

Autor: Andreas M. Brucker

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