Am 23. Februar 2025 steht Deutschland vor einer richtungsweisenden Wahl. Die Bundestagswahl, ausgelöst durch den Zerfall der Ampelkoalition im Herbst 2024, formt nicht nur die innenpolitische Ordnung neu, sondern wird auch weitreichende Auswirkungen auf die Europäische Union sowie die Beziehungen zu den USA und Russland haben.
Eine zersplitterte politische Landschaft
Die politische Szenerie war vor dieser Wahl so fragmentiert wie selten zuvor. Die traditionellen Volksparteien CDU/CSU und SPD hatten mit sinkenden Zustimmungswerten zu kämpfen, während kleinere Parteien an Bedeutung gewannen. Besonders auffällig war der anhaltende Aufstieg der AfD, die mit rund 20 Prozent ihr bisher stärkstes Ergebnis erzielte.
Die Union unter Führung von Friedrich Merz ging als stärkste Kraft aus den Umfragenl hervor, während die SPD einen deutlichen Rückgang hinnehmen musste. Die Grünen bleiben auf einem schwachen Niveau stabil, während die FDP um den Einzug in den Bundestag bangen muss. Auch das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kämpft mit der Fünf-Prozent-Hürde während die Linke weinige Tage vor der Wahl deutlich zulegen konnte.
Schwierige Koalitionsbildung
Die Regierungsbildung dürfte sich als äußerst komplex erweisen. Eine sogenannte Kenia-Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grünen wäre eine Option, allerdings hatte CSU-Chef Markus Söder eine Zusammenarbeit mit den Grünen vor der Wahl strikt ausgeschlossen. Alternativ stünde eine Deutschland-Koalition (CDU/CSU, SPD, FDP) oder eine Jamaika-Koalition (CDU/CSU, Grüne, FDP) zur Debatte – beides jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die FDP den Einzug in den Bundestag geschafft hat.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD wurde von allen anderen Parteien ausgeschlossen, und auch eine Minderheitsregierung scheint angesichts der instabilen Mehrheitsverhältnisse wenig wahrscheinlich. Friedrich Merz, als designierter Kanzlerkandidat der Union und Spitzenreiter, wird sich in schwierigen Verhandlungen beweisen müssen.
Auswirkungen auf die Europäische Union
Die künftige Regierung wird maßgeblich über die Richtung der deutschen Europapolitik entscheiden. Deutschland, als stärkstes wirtschaftliches und politisches Machtzentrum der EU, wird weiterhin eine Schlüsselrolle einnehmen. Die CDU/CSU hat in ihrem Wahlkampf betont, die europäische Integration voranzutreiben, aber zugleich eine härtere Linie in der Migrationspolitik einzuschlagen und eine strengere Haushaltsdisziplin in Brüssel zu fordern.
Ein konservativer Kanzler könnte zudem die Zusammenarbeit mit Frankreich in eine neue Richtung lenken. Während Emmanuel Macron für eine tiefere Integration der Eurozone plädiert, hat Friedrich Merz wiederholt betont, dass er fiskalpolitische Lockerungen und eine Vergemeinschaftung von Schulden ablehnt. Dies könnte Spannungen innerhalb der EU hervorrufen, insbesondere mit südlichen Mitgliedstaaten wie Italien und Spanien.
Das transatlantische Verhältnis
Auch die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten stehen vor einer neuen Dynamik. Während die Ampelkoalition unter Olaf Scholz eine enge Partnerschaft mit Washington gepflegt hat, könnte eine konservativ geführte Regierung eine stärkere sicherheitspolitische Eigenständigkeit Europas betonen.
Die CDU/CSU hat sich stets für eine Stärkung der NATO und eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben ausgesprochen. Angesichts der globalen Unsicherheiten – insbesondere mit Blick auf China und Russland – dürfte Deutschland weiterhin auf eine enge Abstimmung mit den USA setzen. Allerdings könnte sich der Ton in der Handels- und Industriepolitik verändern, insbesondere bei Fragen der Subventionen und des Wettbewerbs mit China.
Verhältnis zu Russland
Die russische Invasion in der Ukraine hat das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau dauerhaft belastet. Eine CDU-geführte Regierung wird voraussichtlich an der bisherigen Sanktionspolitik festhalten und die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen. Doch mögliche Differenzen innerhalb einer Koalition könnten für eine nuanciertere Positionierung sorgen.
Während Friedrich Merz eine harte Linie gegen den Kreml vertritt, gibt es innerhalb der deutschen Politik – insbesondere bei der SPD und dem BSW – Stimmen, die für eine diplomatische Annäherung plädieren. Die künftige Bundesregierung wird sich somit mit der Frage befassen müssen, wie lange Deutschland Waffenlieferungen in die Ukraine fortsetzt und ob es Möglichkeiten für eine europäische Verhandlungslösung gibt.
Ein neues Kapitel für Deutschland und Europa
Die Bundestagswahl 2025 markiert einen entscheidenden Wendepunkt für Deutschland und seine internationale Rolle. Die innenpolitischen Herausforderungen – von Wirtschaftswachstum über Migration bis hin zur Energiewende – werden die neue Regierung stark beanspruchen. Doch ebenso entscheidend wird sein, welche Impulse Berlin auf europäischer und globaler Ebene setzt.
Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Koalition sich formiert und welchen Kurs Deutschland in einer zunehmend unsicheren Welt einschlagen wird.
Von Andreas Brucker
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