Tag & Nacht

Ein Anblick, der das Herz schwer macht: Mehrere Neugeborene mussten diesen Sommer in Lyon auf der Straße schlafen. Dieser Umstand sorgte für Aufruhr in der Stadt und darüber hinaus. Doch nun gibt es eine Kehrtwende – die Métropole de Lyon hat angekündigt, die Notunterkünfte für obdachlose Mütter wieder zu öffnen.

Am 30. August teilte die Metropole offiziell mit, dass sie erneut obdachlose Mütter mit kleinen Kindern in ihre Notunterkünfte aufnehmen wird. Laut UNICEF sind in Frankreich rund 2.000 Kinder dazu gezwungen, auf der Straße zu schlafen – eine erschreckende Zahl, die das Ausmaß der Krise verdeutlicht.

Ein folgenschwerer Stopp im Juli

Im Juli hatte die Métropole de Lyon aufgrund von Budgetproblemen beschlossen, keine neuen obdachlosen Mütter mehr aufzunehmen. Man wollte den Staat und die angrenzenden Departements dazu drängen, einen Teil der Verantwortung zu übernehmen. Die bestehenden Betreuungen wurden jedoch weitergeführt. Die Metropole Lyon ist, ähnlich wie die anderen französischen Departements, dafür verantwortlich, schwangere Frauen und Mütter mit Kindern unter drei Jahren unterzubringen.

Die Entscheidung, keine neuen Fälle mehr aufzunehmen, stieß jedoch auf massive Kritik. Besonders hitzig wurde die Diskussion, als bekannt wurde, dass mehrere Neugeborene die Nacht auf der Straße verbringen mussten. Dies entfachte eine Welle der Empörung – sowohl bei den Bürgern als auch bei sozialen Organisationen und Hilfsverbänden.

Politische Verantwortung und menschliches Versagen

Bruno Bernard, der Präsident der Métropole, stellte jedoch klar, dass es sich bei diesen Fällen nicht um „isolierte Frauen“ handelte. Somit sei eigentlich der Staat für deren Unterbringung verantwortlich. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass diese Situation schlichtweg „inakzeptabel“ ist, wie Bernard betonte.

Deshalb hat die Métropole jetzt die Reißleine gezogen. Sie wird ab sofort wieder Frauen mit Kindern unter drei Jahren aufnehmen – allerdings nur diejenigen, die tatsächlich in der Region Lyon ansässig sind oder einen direkten Bezug zu ihr haben. Ausgeschlossen sind beispielsweise Menschen, die einen Asylantrag in einem anderen Departement gestellt haben oder zuvor nie in der Agglomeration von Lyon gelebt haben.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Diese Entscheidung bringt Licht in die Dunkelheit derer, die am dringendsten Hilfe benötigen. Es ist jedoch auch ein klares Signal an den Staat und die benachbarten Regionen, ihre Verantwortung nicht länger zu ignorieren. Doch es bleibt die Frage: Wie lange kann Lyon diese Last tragen?

Es ist offensichtlich, dass die Kapazitäten begrenzt sind und dass eine Lösung auf nationaler Ebene notwendig ist. In einem Land wie Frankreich, das sich als Wiege der Menschenrechte versteht, sollte es keinen Platz für obdachlose Kinder geben. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild – ein Bild, das zum Handeln zwingt.

Diese Entwicklungen werfen ein Schlaglicht auf die größeren Herausforderungen im Umgang mit Obdachlosigkeit in Frankreich. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, in dem jede Entscheidung, jede Maßnahme über das Schicksal von Menschen entscheidet – und manchmal auch über Leben und Tod.

Die Metropole hat nun einen positiven Schritt gemacht. Aber die Frage bleibt: Wer folgt diesem Beispiel, und wie viele weitere Kinder müssen noch eine Nacht auf der Straße verbringen, bevor sich das System insgesamt ändert?


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