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Frankreich gilt als Heimat der Romantik und als Land der Liebenden, doch die französische Schriftstellerin Olivia Sorrel-Dejerine vertritt die Ansicht, dass viele dieser Mythen der Realität nicht wirklich gerecht werden.

Frankreich wird oft als das Land der Liebe und Paris als die romantischste Stadt der Welt bezeichnet. Aber im Gegensatz dazu, sind die Franzosen durchaus keine eingefleischten Romantiker. Hier fünf falsche Vorstellungen über Franzosen, Liebe und Sex.

1. Mythos: Franzosen sind außergewöhnliche Liebhaber

Franzosen gelten oft als leidenschaftlich, verführerisch, romantisch, sensibel… und als außergewöhnliche Liebhaber. Ikonen der Verführung wie Serge Gainsbourg oder Alain Delon haben dazu beigetragen, den Mythos des sexy französischen Mannes aufrechtzuerhalten. Im Allgemeinen gelten französische Männer als charmant und als bemerkenswerte Liebhaber. Leider ist das wohl keine absolute Wahrheit.

Laut Olivia Sorrel-Dejerine haben französische Männer zwar viele Qualitäten, aber sie sind nicht unbedingt die Besten im Bett.

Ausserdem ändern sich die Dinge der Liebe auch in Frankreich. Es wird immer mehr über die weibliche Lust gesprochen, und das nicht nur von Frauen! In seinem Anfang des Jahres veröffentlichten Essay Au-delà de la pénétration (Jenseits der Penetration) fordert der französische Schriftsteller Martin Page die Leser auf, ihre Vorstellungen von Sex zu öffnen, über den Tellerrand zu blicken und all die verschiedenen Möglichkeiten zu akzeptieren, wie man Intimität erleben kann. Das Buch war so erfolgreich, dass es bereits nach der ersten Auflage 2019 ausverkauft war.

2. Mythos: Ein klassisches französisches Date beinhaltet ein Candlelight-Dinner

Ein romantisches Restaurant, Kerzen, Champagner und Liebeslieder im Hintergrund. So stellt man sich oft ein typisches französisches Date vor. Olivia Sorrel-Dejerine sieht sich leider gezwungen, diesen Mythos zu entkräften. Er ist wohl weit von der Realität entfernt. Tatsächlich finden Verabredungen meist in einem trendigen neuen Restaurant, in einer beliebten Wein- und Käsebar (ja, das ist kein Klischee, die Franzosen gehen wirklich gerne in Weinbars!) oder in einer angesagten Cocktail-Lounge statt. Schöne Orte sind in Frankreich nicht schwer zu finden, selbst in kleinen Städten.

Entgegen der landläufigen Meinung über ein französisches „Rendez-vous“ findet eine Verabredung oft an einem zwanglosen, angesagten Ort statt und nicht in einem erstklassigen Restaurant.

Wenn man ein knutschendes Paar vor dem Eiffelturm sieht, handelt es sich wahrscheinlich um Touristen…

3. Mythos: Küssen auf Französisch

Wenn wir an ein französisches Pärchen denken, das sich küsst, kommt uns als erstes das Bild eines langsamen, sinnlichen, leidenschaftlichen Kusses in den Sinn, der normalerweise auf der Straße stattfindet. Zwar wird glücklicherweise (!) auch in Frankreich geknutscht, aber die Franzosen stehen nicht so sehr auf feuchte Küsse in der Öffentlichkeit – und das war schon vor Corona so.

In der Regel küssen sie sich zur Begrüßung kurz auf die Lippen und kuscheln vielleicht ein bisschen im Kino, aber die Chancen, ein französisches Paar in der Öffentlichkeit küssen zu sehen, sind doch recht gering.

In Wirklichkeit sind die Franzosen ziemlich diskret, wenn es darum geht, an öffentlichen Orten Zeichen der Liebe zu zeigen.

4. Mythos: Französinnen sind sehr anspruchsvoll

Dazu sagt Olivia Sorrel-Dejerine: Nun, das mag stimmen, aber wir arbeiten daran! Französinnen wollen – wie alle anderen Frauen auch – einen Mann, der nett, witzig und charmant ist. Die meisten französischen Frauen sind jedoch sehr unabhängig und immer mehr sind der Meinung, dass sie nicht unbedingt Teil ein Paares sein müssen.

Viele jüngere Franzosen haben inzwischen eine neue Sichtweise auf die Liebe und sind nicht an das traditionelle Modell des heterosexuellen Paares gebunden. Laut einer von der Dating App Tinder durchgeführten Studie aus dem Jahr 2019 gab eine Mehrheit der unter 30-Jährigen an, dass sie sich vorstellen können, Single zu bleiben, wobei Frauen dies eher akzeptieren als Männer (51 Prozent gegenüber 37 Prozent).

5. Mythos: Die Franzosen sind so romantisch, dass sie sich niemals online verabreden würden

Wenn Franzosen so verführerisch und romantisch sind, warum brauchen sie dann eine Dating-App? Es hat sich herausgestellt, dass Online-Dating in Frankreich sehr verbreitet ist. In einer von Statista durchgeführten Studie aus dem Jahr 2015 erklärten 37 Prozent der Franzosen zwischen 18 und 35 Jahren, dass sie die Nutzung einer Dating-App oder -Website für eine gute Sache halten. Tinder konkurriert mit trendigeren Apps wie Happn, Bumble, Hater oder Deserve MI, die alle auf eine mehr oder minder amüsante Weise die Menschen zusammen bringen.

Tja, wie man sieht steht auch in Sachen Liebe in Frankreich die alte Frage im Raum: Was ist Mythos und was ist wahr?


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