Ein neuer Wind weht durch die Welt der beruflichen Netzwerke in Frankreich – und er riecht nach Erfahrung, Kompetenz und einem gesunden Maß an Lebensklugheit. Der Name? Hello Masters. Der Anspruch? Hoch. Der Fokus? Klar: Hier geht es um Fach- und Führungskräfte, die mitten in ihrer Karriere stehen – oder diese bewusst neu ausrichten wollen. Keine Bühne für Berufsanfänger, keine Plattform für Selbstinszenierung – sondern ein Raum für Substanz.
Weg mit dem Schubladendenken
Seit sechs Monaten gibt es Hello Masters nun – und die Zahl der Mitglieder wächst stetig. Noch handelt es sich um einen Geheimtipp: 4.500 Nutzerinnen und Nutzer haben sich bislang registriert, davon 25 Prozent Führungskräfte, weitere 25 Prozent befinden sich in der beruflichen Neuorientierung, die restlichen 50 Prozent sind aktiv im Beruf, aber offen für neue Impulse. Das klingt nach Bedarf – und vielleicht auch nach einem bislang unerfüllten Wunsch vieler: ernst genommen zu werden, auch jenseits der magischen Grenze von 45.
Denn genau dort fängt das Problem häufig an. „Bereits ab 45 Jahren berichten viele von einer Art beruflichem Abstellgleis“, sagt Mitgründerin Blandine Mercier, ehemals in der Werbung tätig. Die Folge: Deklassierung, Unsichtbarkeit – trotz (oder gerade wegen) jahrzehntelanger Erfahrung. Das Ziel von Hello Masters? Die Perspektive drehen. Statt auf Lücken oder Alter zu starren, soll endlich das gesehen werden, was wirklich zählt: Können, Know-how, Persönlichkeit.
Kompetenz statt Karrieretitel
Was sofort ins Auge fällt: Das klassische CV spielt hier nur noch eine Nebenrolle. Ein eigens entwickelter Algorithmus analysiert den Werdegang und filtert, was wirklich zählt: Kompetenzen, Fähigkeiten, Haltung. Es geht nicht mehr darum, ob jemand „Head of“ war, sondern darum, was er oder sie tatsächlich geleistet hat – und in welchem Kontext das heute hilfreich sein kann.
Das Ergebnis? Ein Profil, das Angebote nicht nach Berufsbezeichnung, sondern nach Passung vorschlägt: Projektaufträge, Beratungstätigkeiten, Mandate in Aufsichtsräten, Ehrenämter oder auch Freelance-Jobs. Wer möchte, kann zudem E-Learning-Angebote nutzen – oder an Veranstaltungen und Roundtables teilnehmen, die auf dem Portal gesammelt werden.
Selbst Themen wie Ruhestandsplanung oder Vermögensverwaltung finden ihren Platz – also alles, was Berufstätige in der zweiten oder dritten Karrierestufe beschäftigt. Eine echte Hilfe, besonders in Übergangsphasen.
Wertschätzung ohne Showeffekt
Was die Mitglieder besonders schätzen? Authentizität. Lydia, 47, Beraterin in einem Strategiehaus, spricht von einer „Community mit ähnlichen Lebensfragen und Herausforderungen“. Sie genießt es, Gedanken zu teilen, ohne sich verstellen zu müssen – oder sich wie auf anderen Plattformen in einem Kampf um Sichtbarkeit zu verlieren.
Marc, 60, Vertriebsleiter einer mittelständischen Firma, findet klare Worte: „Weniger Narzissmus, mehr Inhalt.“ Was ihn außerdem begeistert: die Ruhe. Keine automatisierten Nachrichten, keine KI-generierten Videos, keine Push-Flut. Einfach nur Menschen – mit echter Erfahrung und echtem Interesse an Austausch.
Eine Antwort auf einen stummen Ruf
Der Erfolg von Hello Masters zeigt, wie groß der Bedarf an einem professionellen Netzwerk ist, das die Lebensrealitäten der „Generation Erfahrung“ ernst nimmt. Denn während in vielen Unternehmen und Netzwerken die Glorifizierung von „jung, dynamisch, digital“ dominiert, geht hier jemand bewusst einen anderen Weg – und bietet genau jenen eine Bühne, die in der klassischen Arbeitswelt oft übersehen werden.
Das macht Hoffnung. Und Mut.
Und was bringt die Zukunft?
Noch ist Hello Masters eine Nische – doch vielleicht genau deshalb so wertvoll. Die Macher setzen auf organisches Wachstum, keine gekauften Reichweiten oder Werbekampagnen. Man will die richtigen Leute anziehen – nicht die lautesten.
Wer sich also nach einem Netzwerk sehnt, das auf Inhalte statt auf Likes setzt, auf Erfahrung statt auf Statussymbole – sollte sich hier mal umsehen. Vielleicht liegt genau darin die neue Stärke unserer Zeit: Nicht lauter zu werden, sondern klarer.
Von Andreas M. B.
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