Die Rugby-Welt steht still. Am Donnerstagmorgen, dem 8. Mai 2025, erlebte der französische Rugbyverein Castres Olympique einen der dunkelsten Momente seiner Geschichte – Josaia Raisuqe, der kraftvolle und beliebte Flügelspieler, kam bei einem tragischen Unfall ums Leben. Gerade einmal 30 Jahre alt, wurde sein Leben jäh beendet, als sein Fahrzeug an einem Bahnübergang bei Saïx im Département Tarn von einem Regionalzug erfasst wurde. Der Unfall geschah gegen 10 Uhr, während Raisuqe auf dem Weg zum Training war.
Ein Leben voller Energie, Wendepunkte und Erfolg
Geboren am 22. Juli 1994 in Naitasiri auf den Fidschi-Inseln, brachte Raisuqe nicht nur Kraft und Dynamik, sondern auch Charisma und Leidenschaft auf das Spielfeld. In Frankreich begann seine Profikarriere 2015 beim Stade Français – ein mutiger Schritt in ein neues Land, fernab der Heimat. Doch Josaia war kein Mann der halben Sachen.
Nach einer Zwischenstation bei Nevers in der zweiten Liga, wo er 2018/19 Toptorschütze der Saison wurde, zog es ihn 2021 nach Castres. Mit seinem neuen Club erreichte er 2022 das Finale des Top 14 – ein sportlicher Höhepunkt. Und als wäre das nicht genug, holte er 2024 bei den Olympischen Spielen in Paris die Silbermedaille im Siebener-Rugby für Fidschi. Ein Mann mit einer beneidenswerten Vita – und einem Herzen, das größer war als jeder Pokal.
Der Schock sitzt tief
Die Nachricht seines Todes verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Kaum hatte der Club von dem Unglück erfahren, wurden alle Aktivitäten eingestellt. Das für den 10. Mai geplante Spiel gegen Clermont wurde sofort verschoben – niemand hatte den Kopf für Rugby. Die Umstände des Unfalls sind tragisch: Raisuqes Fahrzeug wurde vom Zug über 200 Meter mitgeschleift. Jede Hilfe kam zu spät.
Frankreichs Rugby verliert mehr als einen Spieler
Xavier Péméja, sein früherer Coach bei Nevers, fasste die Stimmung in Worte: „Josaia war nicht nur ein Spieler, er war eine Seele auf dem Platz. Immer präsent, voller Lebensfreude.“ Auch andere Clubs, darunter der Stade Toulousain, äußerten ihre Bestürzung und lobten seinen Beitrag zum französischen Rugby.
Sein Ruf eilte ihm oft voraus – nicht nur wegen seiner athletischen Fähigkeiten. Josaia war ein Spieler mit Ecken und Kanten. 2021 geriet er in die Schlagzeilen, als er nach einem Sieg euphorisch einen Schiedsrichter hochhob – ein unüberlegter, aber auch zutiefst menschlicher Moment, der ihm eine rote Karte einbrachte. Solche Ausrutscher änderten nichts an seiner Beliebtheit – ehe im Gegenteil. Raisuqe war ein Kämpfer, ein Motivator, jemand, der seine Mitspieler mitriss – auf und neben dem Platz.
Ein Charakter, der Spuren hinterließ
Er war nicht perfekt, aber authentisch. Josaia lebte Rugby mit jeder Faser seines Körpers – seine Leidenschaft, seine Hingabe, seine Energie. Wer ihn spielen sah, spürte sofort: Dieser Mann lebt für diesen Sport. Seine Sprints, seine Tacklings, sein unermüdlicher Einsatz – er war nicht nur eine Maschine auf dem Feld, sondern auch ein Symbol für Willenskraft und Entschlossenheit.
Was bleibt, ist das Bild eines Mannes, der sich immer wieder aufrappelte, der nie aufgab und der trotz aller Rückschläge seine Träume verfolgte. Eine Anekdote eines langjährigen Fans bringt es auf den Punkt: „Er war wie ein Sturmwind, wild und unaufhaltsam – aber sobald er lachte, war alles hell.“
Was kommt nach einem solchen Verlust?
Die Welt des Rugby steht zusammen – trauert, erinnert, ehrt. Der Klub Castres Olympique kündigte an, ihm beim nächsten Heimspiel eine besondere Ehrung zu widmen. Schon jetzt erinnern sich Mitspieler, Fans und Wegbegleiter an einen Menschen, der mehr war als ein Spieler: ein Vorbild, ein Freund, ein Held des Alltags.
Josaia Raisuqe wird fehlen – als Spieler, als Persönlichkeit, als Stimme in der Kabine. Aber sein Name wird in Erinnerung bleiben, auf den Tribünen, in Gesprächen, in Herzen.
Von Daniel Ivers
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