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Am 8. Januar 2025 hat die französische Regierung im Ministerrat einen Gesetzesentwurf zur Nothilfe für Mayotte vorgestellt. Ziel des Projekts ist es, die Lebensbedingungen auf dem vom Zyklon Chido schwer getroffenen Archipel zu verbessern und die Grundlagen für den Wiederaufbau zu schaffen. Doch der Entwurf wird bereits jetzt kritisiert – vor allem wegen seines Schweigens zu den prekären Wohnverhältnissen in den zahlreichen Slums.


Dringender Wiederaufbau, pragmatische Maßnahmen

Der Zyklon Chido, der am 14. Dezember 2024 über Mayotte zog, verursachte verheerende Schäden: Mindestens 39 Todesopfer, über 5.600 Verletzte und zerstörte Infrastruktur. Der vorgestellte Gesetzesentwurf sieht vor, dass für zwei Jahre Ausnahmeregelungen im Bereich des Bau- und Planungsrechts gelten, um den Wiederaufbau zu beschleunigen.

Konkret sollen:

  • Notunterkünfte, die seit Dezember 2024 errichtet wurden, von den üblichen urbanistischen Formalitäten befreit sein.
  • Staatliche Stellen oder öffentliche Einrichtungen bis Ende 2027 die Verantwortung für den Bau und die Renovierung von Schulen übernehmen können.
  • Der Établissement Public Foncier et d’Aménagement de Mayotte (EPFAM) die Koordination des Wiederaufbaus übernehmen.

Besonders umstritten ist die vorgesehene Möglichkeit, Grundstücke zu expropriieren, ohne zuvor den Eigentümer eindeutig identifiziert zu haben – eine Maßnahme, die zwar Effizienz verspricht, aber auch rechtliche und soziale Konflikte bergen könnte.


Kritische Stimmen: Ignorierte Kernprobleme

Trotz der Dringlichkeit der Maßnahmen werfen lokale Politiker und Akteure der Regierung vor, die eigentlichen Probleme von Mayotte nicht anzugehen. Insbesondere das Thema der Slums, die auf der Insel weit verbreitet sind, bleibt ungelöst.

Der ehemalige Abgeordnete Mansour Kamardine kritisiert, dass der Entwurf keine klare Linie gegen den Wiederaufbau dieser informellen Siedlungen zieht. Dies sei ein „Versäumnis, das den wahren Herausforderungen nicht gerecht wird“. Ähnliche Kritik äußerte François Bayrou, der bei einem Besuch im Dezember 2024 versprach, den Wiederaufbau von Slums zu verhindern.


Wirtschaftliche Unterstützung und soziale Absicherung

Neben dem Wiederaufbau enthält der Entwurf wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen:

  • Bis März 2025 wird der Einzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei Selbstständigen ausgesetzt.
  • Arbeitslosenrechte und soziale Absicherungen werden verlängert.
  • Die staatliche Unterstützung bei Kurzarbeit wird erhöht, um den wirtschaftlichen Schaden zu mildern.

Estelle Youssouffa, Abgeordnete von Mayotte, forderte zudem, dass lokale Unternehmen bei den Rekonstruktionsprojekten Vorrang erhalten.


Politischer Weg des Gesetzes

Der Gesetzesentwurf wird ab dem 13. Januar in der Wirtschafts- und Sozialkommission der Nationalversammlung beraten. Die Plenardebatte ist für den 20. Januar vorgesehen.


Mayotte: Ein Archipel in der Krise

Mayotte ist nicht nur durch die Naturkatastrophe, sondern auch durch chronische Probleme wie unsichere Wohnverhältnisse, hohe Arbeitslosigkeit und zunehmende Migration belastet. Der Zyklon Chido hat diese Herausforderungen verschärft.

Der geplante Gesetzesentwurf bietet kurzfristige Lösungen für den Wiederaufbau, bleibt aber hinter den Erwartungen vieler Einwohner zurück. Die Ignoranz gegenüber den Slums, die etwa 30 % der Bevölkerung beherbergen, steht exemplarisch für die Komplexität der Lage.

Die Zukunft des kleinen Archipels hängt davon ab, wie langfristige Projekte zur Förderung der Sicherheit, Infrastruktur und wirtschaftlichen Entwicklung gestaltet werden – Themen, die laut Regierung in einem weiteren Gesetzesentwurf behandelt werden sollen.

Die zentrale Frage bleibt: Wird Mayotte den nötigen politischen Willen und die Ressourcen erhalten, um nicht nur den Zyklon zu überstehen, sondern auch eine nachhaltige Perspektive für seine Bevölkerung zu schaffen?


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