Tag & Nacht




Gesund werden ist Glück. Gesund bleiben ist Verantwortung. Aber wie steht’s um die, die gerade erst auf diese Welt kommen – in einer Zeit, in der Krisen Alltag sind? Der Weltgesundheitstag 2025 wirft genau diese Frage auf: Unter dem Motto „Gesunde Anfänge, hoffnungsvolle Zukunft“ geht’s diesmal um Mütter und Neugeborene. Zwei Gruppen, die viel zu oft übersehen werden, wenn es um globale Gesundheit geht.

Und Hand aufs Herz – wer denkt beim Thema Klimawandel schon zuerst an Schwangere?

Wenn das Leben beginnt, aber der Schutz fehlt

Die ersten Tage, Wochen und Monate nach der Geburt sind entscheidend. Ein gesunder Start ins Leben beeinflusst die gesamte körperliche und geistige Entwicklung eines Menschen. Aber genau dieser Anfang steht weltweit unter Druck – durch schlechte medizinische Versorgung, soziale Ungleichheiten und nicht zuletzt: durch ein immer extremeres Klima.

Hitze, Überschwemmungen, Luftverschmutzung. Alles Faktoren, die für Schwangere und Neugeborene nicht nur unangenehm, sondern lebensgefährlich sein können. Komplikationen wie Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht oder Atemwegserkrankungen steigen. Und das nicht irgendwo weit weg – sondern auch mitten in Europa.

Deutschland und Frankreich – zwei Länder, zwei Realitäten

Ein spannender Blick lohnt sich auf Deutschland und Frankreich. Beide Länder sind wirtschaftlich stark, verfügen über ein gut ausgebautes Gesundheitssystem – und doch ticken die Uhren ganz unterschiedlich, wenn es um Familienpolitik und Geburt geht.

Frankreich investiert seit Jahrzehnten stark in die frühe Kindheit. Kinderbetreuung ist dort keine Gnade, sondern ein selbstverständlicher Teil der sozialen Infrastruktur. Kein Wunder, dass französische Frauen häufiger mehrere Kinder bekommen – und schneller wieder in den Beruf einsteigen.

In Deutschland dagegen? Da wird oft noch gerungen. Zwischen Elterngeld, Krippenplatz und Karriere drohen Mütter schnell an den Rand gedrängt zu werden. Auch kulturell bestehen Unterschiede: Während in Deutschland das Stillen häufig propagiert wird, ist es in Frankreich nicht selten ein Tabuthema.

Aber wer hat’s besser? Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Beide Systeme haben ihre Stärken – und blinde Flecken.

Klimakrise als Gesundheitskrise

Der Klimawandel ist längst keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern eine handfeste Gesundheitskrise. Und ja, auch eine soziale. Denn wer am wenigsten zum Problem beiträgt, leidet oft am stärksten darunter. Familien mit wenig Einkommen leben häufiger in schlecht isolierten Wohnungen, sind Luftverschmutzung stärker ausgesetzt, haben schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung.

Gerade Schwangere reagieren besonders sensibel auf Hitze. Studien zeigen: An besonders heißen Tagen steigt die Zahl der Frühgeburten signifikant. Auch der Blutdruck kann entgleisen, Komplikationen wie Präeklampsie treten häufiger auf.

Jetzt stell dir vor, du bist hochschwanger, hast kein Auto, wohnst im fünften Stock ohne Aufzug – und draußen hat’s 38 Grad. Noch Fragen?

Aufklärung, ja bitte – aber verständlich!

Was fehlt, ist oft nicht der Wille zur Veränderung, sondern das Wissen, wie man anfängt. Gesundheitsaufklärung muss verständlich, zugänglich und kultursensibel sein. Was bringt die beste Kampagne, wenn sie niemand erreicht?

Und nein, das bedeutet nicht nur mehr Broschüren in Wartezimmern. Es heißt: bessere Ausbildung für Hebammen, mehrsprachige Angebote, digitale Tools, die wirklich helfen – und ein Gesundheitssystem, das zuhört statt belehrt.

Wer schützt eigentlich die Beschützerinnen?

Ein oft vergessener Aspekt: Auch das medizinische Personal steht unter Druck. Hebammen, Pflegerinnen, Ärztinnen – sie alle arbeiten am Limit. In Deutschland kämpfen viele freiberufliche Hebammen ums wirtschaftliche Überleben. In Frankreich fehlt es ebenfalls an Nachwuchs in der Geburtshilfe. Dabei sind sie das Rückgrat jeder gesunden Gesellschaft.

Und mal ehrlich: Wollen wir wirklich eine Zukunft, in der der Beruf der Hebamme ausstirbt?

Lösungen brauchen Mut und Miteinander

Die Probleme sind komplex. Aber nicht unlösbar. Was es braucht, ist Mut zur Veränderung – und echte Zusammenarbeit. Zwischen Disziplinen, Ländern, Generationen.

Wieso nicht mehr voneinander lernen? Deutschland könnte von Frankreichs Familienpolitik profitieren. Frankreich vielleicht von Deutschlands Fortschritten im Bereich Elternzeit und Stillförderung. Gemeinsam wäre so viel mehr möglich.

Und warum nicht Gesundheit und Klimaschutz zusammendenken? Geburtsstationen mit Solaranlage, klimafreundliche Kliniken, Hitzeschutzpläne für Schwangere – klingt machbar, oder?

Persönlich gesprochen

Ich habe lange gezögert, bevor ich diesen Artikel schrieb. Vielleicht, weil das Thema zu groß wirkt. Oder weil es so tief ins Herz geht. Was gibt es Verletzlicheres als ein Neugeborenes?

Und dann dachte ich an eine gute Bekannte meiner Frau, die letzten Sommer hochschwanger war, während eine Hitzewelle über Europa rollte. Sie erzählte mir, wie sie nachts nicht schlafen konnte, wie sie Angst um ihr Baby hatte – und wie allein sie sich fühlte.

Es war diese Geschichte, die mir klar machte: Wir dürfen das nicht länger ignorieren.

Ein Weckruf, kein Feiertag

Der Weltgesundheitstag 2025 sollte kein Tag der Selbstzufriedenheit sein. Sondern ein Weckruf. Für mehr Gerechtigkeit, mehr Vorsorge, mehr Mut.

Die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen ist kein Nischenthema. Sie ist das Fundament einer gesunden Gesellschaft. Und ja, auch ein Gradmesser dafür, wie ernst wir es mit Klimaschutz und sozialer Verantwortung meinen.

Denn ganz ehrlich: Was sagt es über uns aus, wenn die Schwächsten die größten Risiken tragen?

Autor: Andreas M. Brucker

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