Manche Tage sind wie ein Kaleidoskop: ein Blick hinein, und man erkennt ein buntes Mosaik aus historischen Wendepunkten, Innovationen, Krisen und kleinen Überraschungen. Der 26. November gehört zu genau diesen Tagen. Ein Datum, das auf leisen Sohlen daherkommt, aber beim zweiten Blick voller Bedeutung steckt – sowohl in Frankreich als auch weltweit.
Beginnen wir mit einem Meilenstein, der Frankreichs Rolle in der Raumfahrt zementierte: Am 26. November 1965 katapultierte das Land mit dem Satelliten Astérix nicht nur ein Stück Technologie in den Orbit, sondern sich selbst in den exklusiven Club der Weltraumnationen. Neben den USA und der Sowjetunion war Frankreich damals das dritte Land, das aus eigener Kraft einen Satelliten ins All brachte.
Ein Prestigeprojekt mit viel Symbolkraft – nicht nur technisch, sondern auch geopolitisch. De Gaulle träumte von einem unabhängigen Europa mit französischer Führungsrolle. Der kleine Satellit da oben war ein kräftiges Statement: Wir können das auch. Und irgendwie hallt dieses Selbstbewusstsein bis heute nach – etwa in Frankreichs aktiver Rolle in der europäischen Raumfahrtagentur ESA.
Apropos de Gaulle: Nur ein Jahr später, am 26. November 1966, weihte er das Gezeitenkraftwerk an der Rance in der Bretagne ein. Es war das erste seiner Art weltweit – ein Pionierprojekt in Sachen erneuerbare Energien. Während der Rest der Welt noch primär auf Kohle, Öl und Atomkraft setzte, drehte sich in Frankreich schon ein gigantisches Wasserrad – im Rhythmus von Ebbe und Flut. Heute, in Zeiten von Klimakrise und Energiewende, wirkt dieses Projekt fast prophetisch. Wer hätte gedacht, dass die Bretagner Küste mal zum Symbol einer nachhaltigen Zukunft wird?
Springen wir einige Jahrhunderte zurück, ins Jahr 1580: Der Frieden von Fleix beendete an diesem Tag den Siebten Hugenottenkrieg. In einem Frankreich, das zwischen Katholiken und Protestanten zerrieben wurde, war dieser Friede mehr Waffenstillstand als echte Lösung. Dennoch – er brachte eine dringend nötige Atempause im blutigen Ringen um Glaubensfreiheit und Macht. Natürlich war das Ende der Gewalt nur vorläufig. Aber es war auch ein Signal: Es gibt eine Alternative zur Gewalt. Eine Botschaft, die man wohl auch heute noch öfter hören sollte, wenn Religion und Politik sich zu sehr vermischen.
Von Frankreich aus richten wir den Blick in die Welt. Der 26. November 1942 etwa war der Tag, an dem der Filmklassiker „Casablanca“ in New York uraufgeführt wurde. Der Film – ein Symbol für Liebe, Verlust und den Kampf gegen das Böse – wurde zum Mythos. „Here’s looking at you, kid“ – wer kennt den Satz nicht? Inmitten des Zweiten Weltkriegs bot der Film eine Mischung aus Trost und Moral – und bis heute steht er für die Kraft des Kinos, Geschichten größer als das Leben zu erzählen.
Und doch ist der 26. November nicht nur ein Tag der Pioniere und Friedensgesten. Manchmal hinterlässt er tiefe Narben.
2008 erschütterten Terroranschläge in Mumbai die Welt. An mehreren Orten gleichzeitig schlugen Attentäter zu – in Hotels, an Bahnhöfen, auf offener Straße. Fast 200 Menschen starben. Für viele war es ein Weckruf, dass urbane Zentren – unabhängig vom Kontinent – jederzeit zur Zielscheibe werden können. Die globale Sicherheitsarchitektur veränderte sich durch diese Anschläge spürbar. Bis heute sind die Lehren aus Mumbai Teil vieler Anti-Terror-Strategien. Und die Angst, dass es jederzeit wieder geschehen kann, ist geblieben.
Aber nicht nur globale Ereignisse oder Staatsakte prägten diesen Tag. Manchmal liegt der Zauber in kleinen Gesten.
Am 26. November 1864 schickte Lewis Carroll das Manuskript von „Alice’s Adventures Under Ground“ an ein junges Mädchen namens Alice Liddell. Die Geburt eines der fantasievollsten Werke der Weltliteratur. Eine Geste, die zunächst privat wirkte, aber bald Wellen schlug: Aus dem Manuskript wurde „Alice im Wunderland“, und aus der Geschichte ein generationsübergreifendes Kultbuch. Wer weiß – hätte Carroll seinen Einfall nicht gerade an diesem Tag zu Papier gebracht, würden wir heute vielleicht weniger gern dem weißen Kaninchen folgen.
Ein Datum also, das nicht stillsteht. Es pulsiert vor Geschichten – von Raumfahrt bis Romantik, von Frieden bis Fanatismus.
Was bedeutet das für uns heute? Vielleicht, dass Geschichte oft in Momenten geschieht, die auf den ersten Blick nicht spektakulär wirken. Dass technologische Innovation, politische Diplomatie, kreative Genialität und menschliche Tragödien sich manchmal den Kalender teilen. Und dass selbst ein scheinbar „normaler“ Tag wie der 26. November viel mehr ist als bloß ein weiteres Blatt im Jahreskalender.
Also – wenn du das nächste Mal auf ein Datum schaust und denkst, nichts Besonderes heute, dann frag dich: Bist du sicher?
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