Tag & Nacht


Die Luft wird dünner für Booking.com.

Frankreichs Wettbewerbsbehörde hat der weltweit größten Hotelbuchungsplattform nun offiziell den Marsch geblasen – wegen unlauterer Geschäftspraktiken, die Hoteliers seit Jahren in Rage versetzen.

Am 10. Juli machte die DGCCRF, die französische Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung, ihre Entscheidung öffentlich: Booking.com wird aufgefordert, seine Verträge mit Hotels bis spätestens Ende 2025 anzupassen. Andernfalls drohen Strafzahlungen in astronomischer Höhe von bis zu 69,35 Millionen Euro.

Vertragsklauseln mit Schlagseite

Im Zentrum der Vorwürfe stehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Booking.com.

Die Ermittler der DGCCRF stießen auf Klauseln, die das Gleichgewicht der Geschäftsbeziehungen empfindlich stören. Dazu gehört vor allem, dass Hotels in ihrer Preisgestaltung eingeschränkt werden. Ein Hotelier, der sein Zimmer auf einer anderen Plattform oder seiner eigenen Website günstiger anbietet als auf Booking.com? Nicht erlaubt – und damit ein klarer Eingriff in die Freiheit der Betriebe.

Hinzu kommt mangelnde Transparenz darüber, nach welchen Kriterien Angebote auf der Plattform gerankt werden. Und als wäre das nicht genug, behält sich Booking.com vor, Vertragsbedingungen ohne Vorankündigung zu ändern.

Frankreichs Handelsgesetzbuch, Artikel L. 442-1, sieht genau hier eine rote Linie: Kein Geschäftspartner darf Bedingungen auferlegen, die zu einem erheblichen Ungleichgewicht der Rechte und Pflichten führen.

Ultimatum bis Jahresende

Die DGCCRF bleibt hart: Bis zum 31. Dezember 2025 muss Booking.com seine Verträge überarbeiten, sodass sie dem europäischen P2B-Regelwerk (Platform to Business) und französischem Recht entsprechen. Dieses verlangt Transparenz und Fairness – beispielsweise die Pflicht, Änderungen der AGB mit ausreichendem Vorlauf auf einem geeigneten Medium zu kommunizieren.

Sollte Booking.com diesem Ultimatum nicht nachkommen, kann das Unternehmen mit einer Geldstrafe belegt werden, die insgesamt fast 70 Millionen Euro erreichen könnte.

Eine Summe, die auch für einen Digitalgiganten schmerzhaft ist.

Booking.com wehrt sich – und gibt sich kompromissbereit

Wenig überraschend zeigt sich Booking.com nicht begeistert von dieser Entscheidung.

Die Plattform, die ihren Hauptsitz in den Niederlanden hat, wies die Vorwürfe in einer ersten Reaktion zurück. Gleichzeitig signalisiert sie Gesprächsbereitschaft: Man wolle eng mit der DGCCRF zusammenarbeiten, um Bedenken und Kritikpunkte auszuräumen.

Booking.com betont, an Lösungen zu arbeiten, die sowohl den Hotels als auch den Gästen zugutekommen. Schließlich hänge der Erfolg der Plattform maßgeblich davon ab, dass Hotels ihre Angebote weiterhin dort platzieren.

Hoteliers atmen auf

Für Frankreichs Hotellerie ist das Vorgehen der DGCCRF ein Befreiungsschlag.

Die Union des Métiers et des Industries de l’Hôtellerie (UMIH) begrüßte die Entscheidung ausdrücklich. Für sie ist es ein wichtiger Schritt, um die Dominanz der Plattform einzudämmen und faire Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen.

Denn gerade kleinere Betriebe klagen seit Jahren darüber, sich in einer Zwickmühle zu befinden: Sichtbarkeit und Buchungen gibt es nur, wenn sie die strikten Bedingungen von Booking.com akzeptieren. Und die Provisionen fressen oft ohnehin schon knappe Gewinnmargen auf.

Ein Signal an alle Plattformen

Diese Entscheidung fällt nicht vom Himmel.

Seit 2020 gilt in der EU der P2B-Regelrahmen, der den Plattformkapitalismus zumindest ansatzweise zähmen soll. Er verpflichtet Online-Vermittler wie Booking.com, transparente Vertragsbedingungen zu schaffen und Änderungen rechtzeitig mitzuteilen.

Frankreich geht nun einen Schritt weiter und macht klar: Plattformen, die ihre Marktmacht zu Lasten der Betriebe ausnutzen, müssen mit empfindlichen Sanktionen rechnen.

Droht eine Kettenreaktion?

Die Frage, die sich nun stellt: Wird Booking.com klein beigeben oder mit allen juristischen Mitteln gegen die Verfügung vorgehen? Fest steht: Sollte die Plattform ihre Verträge tatsächlich anpassen, könnte das Signalwirkung haben. Auch andere Anbieter würden gezwungen sein, ihre AGB zu überprüfen – von Expedia bis Airbnb.

Für die Hoteliers wäre das ein kleiner Sieg in einem ungleichen Kampf. Einer, der zeigt, dass digitale Riesen nicht über den Gesetzen stehen.

Eine neue Ära der Fairness?

Die Entscheidung der DGCCRF ist mehr als nur ein Verwaltungsakt. Sie ist ein Baustein in einem größeren Puzzle: dem Versuch, die Machtbalance zwischen lokalen Betrieben und globalen Plattformen wieder ins Lot zu bringen. Wie Booking.com seine Vertragsbedingungen nun umstrickt – und ob die Hotels damit wirklich mehr Freiheit gewinnen – bleibt abzuwarten.

Aber eines steht fest: Das Monopol der Plattformen wackelt.

Und wer weiß – vielleicht liegt darin auch eine Chance für eine Hotelbranche, die nach den Krisenjahren der Pandemie dringend neue Spielräume braucht.

Autor: Daniel Ivers

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