Tag & Nacht




Als vergangene Woche bekannt wurde, dass TikTok zugestimmt habe, sein US-Geschäft zu verkaufen – und Präsident Trump dies sogleich mit einem begeisterten Beitrag kommentierte –, schien es zunächst wie ein Sieg für Amerika und eine erhebliche Konzession Chinas.

Peking hatte sich dem fünf Jahre lang widersetzt. Chinesische Offizielle verurteilten die US-amerikanischen Forderungen nach einem Verkauf regelmäßig als diskriminierend.

Sollte China TikTok tatsächlich aufgeben – die Details des Deals werden derzeit noch ausgehandelt –, verschafft sich das Land damit allerdings Spielraum für Verhandlungen über jene Themen, die ihm besonders am Herzen liegen: Zölle, Technologie und Taiwan.

Das Verbot der populären Video-App, beziehungsweise die erzwungene Veräußerung ihrer US-Aktivitäten, wurde in Washington als Frage der nationalen Sicherheit betrachtet.

Doch China weigerte sich standhaft, US-Investoren die Kontrolle über die Plattform und insbesondere ihren leistungsfähigen Empfehlung-Algorithmus zu überlassen. Deshalb verabschiedete der US-Kongress im Frühjahr 2024 ein Gesetz: ByteDance, die chinesische Muttergesellschaft von TikTok, müsse die App bis zu einer bestimmten Frist verkaufen – andernfalls werde sie verboten.

Dann folgte eine überraschende Wendung: Trump stellte sich öffentlich gegen das Gesetz des Kongresses.

Zu diesem Zeitpunkt befand er sich im Wahlkampf für seine Wiederwahl. TikTok diente ihm als Kommunikationskanal zu jungen Wählerinnen und Wählern – und einer seiner größten Geldgeber, ein Wall-Street-Finanzier, ist bedeutender Investor bei ByteDance.

Seit seinem erneuten Amtsantritt Anfang dieses Jahres hat Trump wiederholt per Dekret die Verkaufsfrist verlängert. Gleichzeitig verschärfte er den Handelskonflikt mit China massiv und belegte chinesische Waren mit umfassenden Zöllen. Anders als viele andere Staaten reagierte China mit Gegenmaßnahmen, verhängte seinerseits Zölle und setzte seine Kontrolle über kritische Rohstoffe ein, um der US-Wirtschaft gezielt zu schaden.

In den vergangenen Monaten jedoch begannen beide Seiten wieder miteinander zu verhandeln – und es zeichnete sich eine vorsichtige Annäherung ab. Aus Pekings Sicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die „TikTok-Karte“ zu spielen: in einem Moment, in dem China glaubt, über maximale Verhandlungsmacht zu verfügen.

Trump wiederum kann für sich einen symbolischen Sieg gutschreiben – auf einem Feld, das ihm besonders wichtig ist: Er verdankt TikTok nach eigener Einschätzung einen erheblichen Anteil an seinem Wahlsieg 2024. China wiederum schafft mit dem Deal ein positives Klima für weiterführende Gespräche über seine eigenen Prioritäten: Es will eine Lockerung der US-Zölle, eine Abschwächung der Exportkontrollen für Hochleistungschips und eine Reduktion der US-Unterstützung für Taiwan. Zudem strebt es ein persönliches Treffen zwischen Xi Jinping und Trump an – idealerweise in China, wo Peking die Inszenierung kontrollieren könnte.

Wenn alles nach Plan verläuft, wird TikTok in den USA künftig unter US-amerikanischer Kontrolle stehen. Trump erklärte gestern, dass unter anderem die Fox Corporation – kontrolliert von der Familie Murdoch – zu den Investoren zählen könnte. Das könnte möglicherweise die nationalen Sicherheitsbedenken der USA entschärfen, wenngleich einige Experten warnen, dass die konkrete Ausgestaltung des Deals nicht weit genug gehe.

Die zentrale Frage ist nun, ob die USA im Gegenzug Konzessionen bei wirklich sicherheitsrelevanten Themen machen – etwa bei der Exportkontrolle für Künstliche Intelligenz oder in Bezug auf Taiwan. Diese gelten als weitaus bedeutender für die nationale Sicherheit als eine Social-Media-App.


Anerkennung eines palästinensischen Staates

Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal haben gestern erklärt, Palästina formell als Staat anzuerkennen. Diese konzertierte Aktion erhöht den internationalen Druck auf Israel und stellt wichtige Verbündete der USA in Gegensatz zur Trump-Regierung.

Zwar dürfte dies die diplomatische Isolation von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu weiter verstärken, doch an der Lage vor Ort wird sich dadurch wohl wenig ändern.

Bei den Vereinten Nationen wird Frankreich heute gemeinsam mit 142 weiteren Staaten eine Initiative vorantreiben, die auf die Anerkennung Palästinas im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung nach dem Ende des Gaza-Kriegs abzielt. Was diesem Plan jedoch fehlt, ist ein zentrales Element: jegliche Unterstützung durch Israel oder die Vereinigten Staaten.


Weitere wichtige Meldungen

USA: Donald Trump und Zehntausende Anhänger versammelten sich in einem Stadion in Arizona zu einer Gedenkfeier für den ermordeten konservativen Aktivisten Charlie Kirk. In seiner Rede bezeichnete Trump Kirk als „Märtyrer für die amerikanische Freiheit“. Die Veranstaltung vereinte religiöse Symbolik mit staatlichem Pathos.

Ukraine: Die Streitkräfte Kiews verzeichnen kleinere Geländegewinne in der Region Sumy, die dem russischen Narrativ von der Unaufhaltsamkeit seiner Offensiven entgegenwirken könnten.

Philippinen: In Manila protestierten Tausende gegen die mutmaßliche Zweckentfremdung von Milliardenhilfen für den Hochwasserschutz durch die Regierung.

Einwanderung: Trump unterzeichnete eine Proklamation, die eine neue Gebühr von 100.000 US-Dollar auf H-1B-Visa erhebt – ein Schock für Tech-Konzerne und die Finanzbranche.

Nepal: Der neue Premierminister setzte eine Kommission zur Untersuchung der Tötung von über 70 Menschen durch Sicherheitskräfte während des Studentenaufstands ein.

Tschad: Durch das Auslaufen der US-Hilfen verliert ein Flüchtlingslager medizinisches Personal – insbesondere in den Geburtshilfekliniken. Schwangere Frauen sind stark gefährdet.

Autor: P. Tiko

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