Tag & Nacht


Washington zeigte sich in dieser Woche von seiner besten Seite: luftig, sonnig, herbstlich – die perfekte Kulisse für einen Spaziergang zum Weißen Haus, wo Präsident Donald Trump mit bemerkenswerter Geschwindigkeit den Ostflügel des Präsidentensitzes dem Erdboden gleichmachen lässt.

Zwei Baggerarme ragen gut sichtbar über den dichten weißen Bauzaun hinaus, der die frische Baustelle umgibt. Dahinter vernebelt eine Staubwolke die klare Luft.

Noch vor wenigen Monaten hatte Trump versichert, sein Plan, einen 8.300 Quadratmeter großen und 300 Millionen Dollar teuren Ballsaal an das Weiße Haus anzubauen, werde „nicht in das bestehende Gebäude eingreifen“. Inzwischen ist klar: Der gesamte Ostflügel wird abgerissen.

Die Bilder des Abrisses verbreiteten sich in Windeseile rund um die Welt – ein perfekter Rorschachtest für eine zutiefst polarisierende Präsidentschaft.


Bauen oder Zerstören

„Das ist Trumps Präsidentschaft in einem einzigen Foto“, schrieb die demokratische Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts auf X. „Illegal, zerstörerisch und ohne Nutzen für die Menschen.“

Historiker und Architekten zeigen sich alarmiert. Die National Trust for Historic Preservation forderte einen sofortigen Stopp der Abrissarbeiten, bis ein „gesetzlich vorgeschriebenes öffentliches Prüfverfahren“ abgeschlossen sei.

Trumps Unterstützer hingegen feiern das Projekt als Beweis für einen Präsidenten, der – wie versprochen – Washington wachrüttelt. Regierungsvertreter bezeichneten die öffentliche Empörung als „künstlich erzeugt“.

„Er ist der Bauherr der Nation“, sagte Pressesprecherin Karoline Leavitt am Dienstag gut gelaunt auf Fox News. „Er wurde zu einem großen Teil wiedergewählt, weil er Dinge bauen kann.“

Trump, der Immobilienentwickler, hat während seiner Zeit im Weißen Haus tatsächlich viel gebaut – oder umgebaut. Im Rosengarten ließ er den Rasen zubetonieren, um eine Terrasse zu schaffen. Im Oval Office ergänzte er goldene Zierleisten, im Kabinettssaal hängte er aufwendige Kronleuchter auf. Das Weiße Haus trägt längst die Handschrift des überbordenden Stils von Mar-a-Lago.

Doch Trump ist – so lässt sich argumentieren – nicht nur ein eifriger Erbauer, sondern auch ein entschlossener Zerstörer: von langjährigen Allianzen wie jener mit der NATO, die deren Generalsekretär am Mittwoch in Washington zu retten versuchte, und von institutionellen Sicherungen, die einst seine Impulse zügeln sollten.


Wer zahlt die Rechnung?

Offizielle Stellen des Weißen Hauses betonen, der Ballsaal werde durch private Spenden finanziert. Tatsächlich veranstaltete Trump vergangene Woche ein privates Dinner für potenzielle Großspender – für viele wohl eine Gelegenheit, sich beim Präsidenten einzukaufen.

Doch in dieser Woche deutete Trump an, auch auf Steuergelder zurückgreifen zu wollen – genauer: auf eine Entschädigungssumme, die er von seiner eigenen Regierung fordert.

Trump verlangt vom Justizministerium 230 Millionen Dollar als Kompensation für die gegen ihn geführten Bundesermittlungen – ein in der amerikanischen Geschichte beispielloser Vorgang. Über den Anspruch entscheiden ausgerechnet seine eigenen Verbündeten und von ihm Ernannte.

„Wenn ich Geld von unserem Land bekomme, mache ich etwas Gutes damit – spende es für wohltätige Zwecke oder für die Renovierung des Weißen Hauses“, sagte Trump. „Wir machen einen tollen Job mit dem Weißen Haus. Wie Sie wissen, ist der Ballsaal im Bau.“


Weitere Schlagzeilen

Trump stoppt Handelsgespräche mit Kanada

Trump erklärte am Donnerstagabend, dass er sämtliche Handelsverhandlungen mit Kanada abbreche – und bringt damit erneut das Verhältnis zu einem der engsten Partner der USA ins Wanken.

Der Grund: eine Werbeanzeige, die Trump als „betrügerisch“ bezeichnete. In dem Spot, geschaltet von der Regierung der kanadischen Provinz Ontario, äußert sich der frühere Präsident Ronald Reagan kritisch zu Zöllen.

Die USA, Kanada und Mexiko bereiten derzeit die turnusgemäße Überprüfung ihres Freihandelsabkommens vor, die bis Sommer 2026 abgeschlossen sein soll. Trump hatte sich seit Beginn seiner zweiten Amtszeit zunehmend aggressiv gegenüber Kanada positioniert – mit harten Zöllen und der provokativen Bemerkung, Kanada solle der 51. Bundesstaat der USA werden.


USA lehnen Westjordanland-Annexion ab

US-Vizepräsident J.D. Vance bezeichnete am Donnerstag eine Abstimmung im israelischen Parlament zur Annexion des Westjordanlandes als „einen sehr dummen politischen Stunt“.

„Das Westjordanland wird nicht von Israel annektiert werden“, sagte Vance zum Abschluss seines Besuchs im Land, bei dem er die brüchige Waffenruhe mit der Hamas absichern wollte. Auch Trump äußerte sich gegenüber dem Time Magazine ablehnend: „Israel würde bei so einem Schritt sämtliche Unterstützung aus den USA verlieren.“

Vance kündigte zudem an, dass eine internationale Sicherheitsmission die Entwaffnung der Hamas übernehmen solle – eine der zentralen Hürden in den laufenden Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden in Gaza.


Weitere Meldungen:

  • Die EU beschloss neue Sanktionen gegen russisches Erdgas und Kryptofirmen.
  • Ein prominenter NBA-Trainer sowie aktuelle und ehemalige Spieler wurden im Zusammenhang mit Wettbetrug und manipulierten Pokerspielen festgenommen.
  • König Charles und Papst Leo beteten gemeinsam in der Sixtinischen Kapelle – das erste Treffen dieser Art zwischen einem britischen Monarchen und einem Papst seit Jahrhunderten.
  • Dave Ball vom britischen Synth-Pop-Duo Soft Cell („Tainted Love“, 1981) ist im Alter von 66 Jahren in London verstorben.
  • China dürfte die USA beim Ausbau der Atomenergie bis 2030 überholen.

Autor: P. Tiko

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