Was bislang als Kavaliersdelikt galt, wird im französischen Département Landes zur ernsten Angelegenheit: Wer am Steuer mit dem Handy erwischt wird, riskiert den sofortigen Verlust seines Führerscheins – mindestens für zwei Wochen. Eine drastische Maßnahme, die nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern eine klare Reaktion auf steigende Unfallzahlen ist.
Seit dem 1. November 2025 gilt in den Landes: Null Toleranz gegenüber Handynutzung während der Fahrt. Autofahrer, die telefonieren, Nachrichten schreiben oder sogar nur das Display ihres Geräts checken, müssen nicht nur mit einem Bußgeld von 135 Euro und dem Abzug von drei Punkten rechnen – sie können jetzt auch direkt den Lappen verlieren. Die Polizei ist in erhöhter Alarmbereitschaft und kontrolliert mit strikter Konsequenz. Wer erwischt wird, bekommt binnen Tagen Post von der Präfektur – mit einem zeitlich befristeten Fahrverbot.
Die Geduld der Behörden ist am Ende
Gilles Clavreul, Präfekt der Landes, hat genug. Nach einer mehrwöchigen Aufklärungskampagne sei die Zeit für Nachsicht vorbei: „Wenn das Handy am Steuer die einzige Übertretung ist, reden wir über 15 Tage Fahrverbot. Wer zusätzlich zu schnell ist oder andere Verkehrsregeln missachtet, muss mit bis zu einem Monat rechnen“, erklärt er.
Die rechtliche Grundlage dafür liefert der französische Code de la Route, der es Präfekten erlaubt, bei gefährlichem Verhalten den Führerschein temporär zu entziehen – auch ohne richterlichen Beschluss. Ein Mittel, das bislang selten angewendet wurde, aber jetzt zum festen Instrument der Verkehrspolitik im Südwesten avanciert.
Mehr Tote, mehr Härte
Die Entscheidung kommt nicht von ungefähr. In den Landes sind in diesem Jahr bereits 31 Menschen auf den Straßen ums Leben gekommen – fünf mehr als im Vorjahr. In einem Großteil der Fälle spielte das Smartphone am Steuer eine entscheidende Rolle. Für die Behörden ist das Maß voll: „Wir handeln nicht willkürlich, sondern gezielt. Der Schutz von Leben hat Vorrang“, heißt es aus einem Kommissariat.
Diese neue Härte scheint von der Bevölkerung durchaus mitgetragen zu werden. Viele Fahrer zeigen Verständnis – einige aus eigener, schmerzhafter Erfahrung. Eine Frau, die kürzlich in einen Auffahrunfall verwickelt war, berichtet: „Die junge Fahrerin hinter mir war mit dem Handy beschäftigt und hat nicht gesehen, dass wir abbremsten. Ich habe jetzt ein Schleudertrauma.“ Die bittere Konsequenz einer Sekunde Unaufmerksamkeit.
Handy, GPS und die Grauzonen
Nicht jede Kontrolle verläuft konfliktfrei. Ein Fahrer wurde angehalten, weil sein Smartphone sichtbar in der Windschutzscheibe befestigt war. „Ich nutze es als Navigationsgerät, wie ein Tablet“, rechtfertigte er sich. Der Gendarm blieb hart: „Das ist gefährlich und behindert Ihre Sicht – es ist ein klarer Verstoß.“
Diese Szene steht exemplarisch für das Dilemma moderner Mobilität: Smartphones sind längst Teil des Fahralltags, dienen als GPS, Musikquelle oder Kommunikationsmittel. Doch wo endet der sinnvolle Einsatz – und wo beginnt die Gefahr?
Ein Modell für ganz Frankreich?
Die Landes sind mit dieser Initiative landesweit Vorreiter. Noch hat kein anderes Département vergleichbare Maßnahmen ergriffen, doch Experten erwarten, dass sich das schnell ändern könnte. Die Erfolgskriterien dafür liegen auf der Hand: weniger Unfälle, weniger Tote – und ein spürbarer Mentalitätswandel im Straßenverkehr.
Denn eines ist klar: Wer hinter dem Steuer aufs Handy schaut, fährt sekundenlang blind – und gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen. Ist es da nicht nur logisch, wenn der Staat eingreift, bevor es zu spät ist?
Die Landes haben ein Zeichen gesetzt. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es Schule macht.
Autor: Andreas M. Brucker
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