Tag & Nacht


Minus 19 Grad, Sonne über den Gipfeln und der Geruch von frischer Piste in der Luft – der Start in die Skisaison 2025/26 im französischen Tignes hätte kaum malerischer ausfallen können. Während das Thermometer am frühen Morgen noch in sibirischen Regionen verharrte, machten sich bereits die ersten Skifahrer auf den Weg – dick eingepackt, mit glänzenden Augen und gespannter Vorfreude im Gepäck.

Was für viele nach klirrender Kälte klingt, ist für die Haute Montagne in Wahrheit ein Geschenk: Der Schneefall der vergangenen Tage hat die Hänge großzügig eingepackt, die Schneekanonen liefern rund um die Uhr Nachschub, und selbst die Pistenraupen tanzen im Takt der Saisonvorbereitungen. In Tignes ist der Winter angekommen – und mit ihm ein Auftakt, der Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen hat.

„Es ist unglaublich – einfach wunderschön“, schwärmt ein Skifahrer, während ihm kleine Dampfwolken aus dem Kragen steigen. Für ihn ist es mehr als nur Sport. Es ist ein Statement gegen den frühen Dunkelheitseinbruch, ein Plädoyer für die Bewegung, ein Ritual des Wiedererwachens. Zwei Stunden und dreißig Minuten sei er gefahren, „und das würde ich jeden Tag machen – wenn ich nicht arbeiten müsste“, sagt er mit einem Lachen, das selbst bei minus 15 Grad ansteckt.

Tatsächlich war das, was noch vor wenigen Tagen als ambitioniert galt, nun greifbare Realität: 80 Prozent des Skigebiets sind zum Start bereits geöffnet – ein Wert, von dem man in Tignes vor zehn Tagen kaum zu träumen wagte. Der plötzliche Kälteeinbruch hat die Bedingungen nahezu perfektioniert, die Schneemaschinen laufen unermüdlich – zwischen minus fünf und minus zehn Grad, da performen sie am besten, erklärt Hervé Luciannaz, der als Sektorleiter jede Schneeflocke im Blick behält.

Parallel dazu wird gearbeitet, als ginge es um ein Uhrwerk aus Schnee, Sicherheit und Geschwindigkeit. Innerhalb von nur 24 Stunden haben die Teams Pistenmarkierungen gesetzt, Sicherheitsnetze gespannt und Rettungsgeräte positioniert. „Das hier ist ein Traîneau – damit transportieren wir verletzte Skifahrer ab“, erklärt Virginie Pogneaux, eine erfahrene Pistenretterin, die mit stoischer Ruhe durch den Neuschnee stapft.

Ohne sie und ihre Kolleginnen und Kollegen läuft hier gar nichts. Denn wer unter Extrembedingungen den Berg sichert, braucht nicht nur Erfahrung, sondern auch Präzision. Dazu gehört auch das tägliche Feintuning der Pisten. Clémentine Marmottan ist Fahrerin einer der mächtigen Pistenraupen – seit Tagen modelliert sie die Hänge bis ins letzte Detail. „Keine großen Hügel, keine tiefen Löcher – am Ende soll die Piste gleichmäßig und sicher sein“, erklärt sie, während draußen die Schneekristalle tanzen.

Und das Ergebnis? Es begeistert. Bereits bei den ersten Abfahrten war die Freude greifbar. „Die erste Fahrt ist immer ein bisschen ruhiger – zum Reinkommen“, sagt ein Skifahrer. Doch schon beim zweiten Anlauf sei man „direkt mit Vollgas“ unterwegs gewesen. Ein anderer ergänzt mit leuchtenden Augen: „Die Schneeverhältnisse sind der Wahnsinn – ein bisschen fehlt noch im unteren Bereich, aber selbst mit Kunstschnee ist das hier einfach genial.“

Ein erstes Fazit, das man auch in Zahlen fassen kann: Die Buchungslage für Dezember liegt laut aktuellen Angaben bereits acht Prozent über dem Vorjahr. Und mit weiteren Schneefällen, die bereits für den kommenden Sonntag angekündigt sind, dürfte sich dieser Trend fortsetzen.

Tignes hat also vorgelegt – früh, stark und eindrucksvoll. Die neue Saison beginnt nicht mit einem vorsichtigen Schritt, sondern mit einem Schwung. Und während anderswo noch über Wärmerekorde diskutiert wird, zählt hier oben nur eines: der Moment, wenn Skier frisch über den Schnee gleiten und die Berge wieder zum Leben erwachen.

Von C. Hatty

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