Tag & Nacht


Der 12. Dezember – auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Tag in der dunklen Jahreszeit. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt, wie oft dieser Tag Geschichte geschrieben hat. Große Schlachten, politische Umbrüche, technische Pionierleistungen und tragische Katastrophen – alles vereint auf diesem Datum. Und Frankreich? Spielt mehrfach eine zentrale Rolle.

Beginnen wir im frühen 7. Jahrhundert.

An einem 12. Dezember des Jahres 627 besiegten die Byzantiner unter Kaiser Herakleios die Sassaniden in der Schlacht bei Ninive. Ein wuchtiger Schlag gegen das persische Großreich – und einer, der das Machtgleichgewicht im Nahen Osten massiv verschob. Auch wenn die Römer triumphierten, war beiden Reichen bald darauf ein anderes Schicksal beschieden: Der Islam stieg wenige Jahre später zur dominierenden Kraft der Region auf. Was zeigt das? Selbst größte Siege sind oft nur ein kurzer Aufschub vor der nächsten Welle des Wandels.

Wenden wir uns Frankreich zu.

Im Jahr 1604 wurde dort die sogenannte Paulette eingeführt – eine Steuer, die Beamten erlaubte, ihre Ämter gegen Geldzahlung vererbbar zu machen. Klingt trocken? War aber revolutionär – im negativen Sinne. Der Adel der Robe, also jene Oberschicht, die sich ihre Ämter kaufte, wurde mächtiger. Die sozialen Gräben vertieften sich. Ein Vorzeichen der späteren Französischen Revolution, deren Ursprünge also teils auch im Dezember wurzeln.

Fast 200 Jahre später, 1799, war es wieder ein 12. Dezember, der das Machtgefüge Frankreichs neu ordnete: Napoleon Bonaparte ließ die Verfassung des Konsulats in Kraft treten. Der einstige General wurde Erster Konsul – die letzte Etappe auf seinem Weg zum Kaiser. Frankreich war damit aus der chaotischen Revolutionszeit heraus, doch rein in eine neue Form der autoritären Ordnung.

Sprung in die Neuzeit.

Am 12. Dezember 1901 gelang Guglielmo Marconi eine technische Sensation: das erste transatlantische Funksignal. Über 3000 Kilometer, von Cornwall bis nach Neufundland, flog der Morsecode durch die Lüfte. Ein Schritt, der die Menschheit einander näherbrachte – zumindest im Radio. Heute, im Zeitalter der Smartphones, wirkt das fast romantisch. Aber ohne Marconi? Hätten wir vielleicht noch lange im Nebel gefunkt.

Zurück nach Frankreich. Aber dieses Mal mit Öl und nicht mit Politik.

1999 havarierte der Tanker Erika vor der französischen Atlantikküste. Der Rumpf brach bei schwerem Seegang – 20.000 Tonnen Schweröl verschmutzten Strände, Küsten, Lebensräume. Eine Umweltkatastrophe, deren Spätfolgen noch lange in Erinnerung blieben. Frankreich reagierte mit strengeren Umweltgesetzen und besserer Überwachung von Schiffsverkehr. Wieder einmal: Erst muss etwas zerbrechen, bevor sich etwas ändert.

Apropos Wandel: Der 12. Dezember 2015 wurde zum Hoffnungsschimmer für die Erde.

An diesem Tag wurde in Paris das Klimaabkommen beschlossen – fast alle Staaten der Welt einigten sich, die Erderwärmung zu bremsen. Natürlich, viele Versprechen blieben Lippenbekenntnisse. Doch der symbolische Wert dieses Tages bleibt: Zum ersten Mal stand die Welt gemeinsam auf einer Seite, um einem gemeinsamen Feind die Stirn zu bieten – dem Klimawandel.

Nicht alle Ereignisse dieses Datums sind jedoch von globaler Strahlkraft. Manche wirken eher lokal, aber dennoch bedeutsam.

1793 beispielsweise – während der französischen Revolution – besiegten republikanische Truppen bei Le Mans aufständische Royalisten. Es war eine der blutigeren Episoden des innerfranzösischen Bürgerkriegs. Die revolutionäre Regierung zeigte, dass sie bereit war, mit aller Härte gegen Gegner im eigenen Land vorzugehen. Ein düsteres Kapitel im Kampf um Freiheit und Gleichheit – das oft die Brüderlichkeit vergaß.

Und dann ist da noch die Paulette, diese kleine Steuer mit großer Wirkung. Was auf den ersten Blick wie ein finanzieller Trick wirkte, verstärkte langfristig die Ungerechtigkeit im Ancien Régime. Wer sich ein Amt leisten konnte, hatte Macht – wer nicht, blieb außen vor. Der soziale Aufstieg war für viele versperrt. Klingt erschreckend modern, oder?

Auch in anderen Teilen der Welt passierte Bedeutendes.

Am 12. Dezember 1963 erklärte sich Kenia für unabhängig vom Vereinigten Königreich. Jahrzehntelanger Kolonialismus endete, ein neues Kapitel begann. Für Afrika ein starkes Zeichen: Selbstbestimmung war möglich. Auch wenn die Realität später komplexer wurde – der Moment selbst war elektrisierend.

Und noch ein kurioser Moment: Am 12. Dezember 2000 stoppte der Oberste Gerichtshof der USA die Neuauszählung der Stimmen in Florida. Damit wurde George W. Bush praktisch zum Präsidenten erklärt – durch Gerichtsentscheid, nicht durch Wahlzettel. Demokratie? Eine Frage der Interpretation, wie man sieht.

Und dann, wie aus dem Nichts, der 12. Dezember als Geburtstag großer Persönlichkeiten.

Frank Sinatra etwa wurde 1915 geboren – seine Stimme prägte Generationen. Edvard Munch, der Schöpfer des berühmten „Schreis“, erblickte 1863 das Licht der Welt. Zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, doch beide mit bleibendem Einfluss. Kunst, Musik – auch das macht Geschichte.

Was also bleibt von diesem Datum?

Der 12. Dezember ist ein Kaleidoskop. Manchmal triumphal, manchmal tragisch. Manchmal vergessen, dann wieder weltbewegend. Er erzählt von Macht und Scheitern, von Fortschritt und Rückschritt, von Wandel und Beständigkeit. Und immer wieder schwingt Frankreich irgendwo mit – sei es als Akteur, als Kulisse oder als Auslöser.

Vielleicht fragt man sich: Wie viele solcher Tage sind in unseren Kalendern versteckt – scheinbar harmlos, aber voller Geschichten?

Die Antwort: Viele. Doch der 12. Dezember ist einer, der auffällt – wenn man ihm zuhört.

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