Tag & Nacht


Sie war das Gesicht einer Epoche, ein Symbol der sexuellen Befreiung, eine Leinwanderscheinung von weltweitem Rang. Und zugleich eine Figur, die nie davor zurückschreckte, mit Worten zu verletzen, zu provozieren, zu spalten. Der Tod von Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren hat Frankreich noch einmal mit einer unbequemen Wahrheit konfrontiert: Hinter dem Mythos der Filmikone verbarg sich eine Frau, deren politische Aussagen und gesellschaftliche Positionierungen über Jahrzehnte hinweg für Empörung sorgten – und die mehrfach vor Gericht endeten.

Schon die ersten Reaktionen aus dem rechten politischen Spektrum fielen auffallend herzlich aus. Jordan Bardellasprach von einer „glühenden Patriotin“, Marine Le Pen würdigte eine „freie, unzähmbare, kompromisslose Frau“. Worte, die mehr über die politische Nähe aussagen als über nostalgische Verehrung. Denn Bardot hatte ihre Sympathien für die extreme Rechte nie verborgen. Im Gegenteil. Sie trug sie wie ein Ehrenzeichen vor sich her.

Dabei begann alles vergleichsweise früh. Als sie 1973 dem Kino den Rücken kehrte und sich selbst als „freie Frau“ inszenierte, wandte sie sich zugleich scharf gegen den Feminismus. Das Mouvement de libération des femmes hielt sie für lächerlich, für ein Missverständnis weiblicher Selbstbestimmung. Frauen, so Bardot damals, wollten plötzlich keine Frauen mehr sein. Ein Satz, der schon damals Kopfschütteln auslöste und rückblickend wie ein Vorbote späterer Grenzüberschreitungen wirkt.

Die politische Verortung nach rechts außen nahm in den frühen neunziger Jahren deutlichere Konturen an. 1992 heiratete Bardot den Unternehmer Bernard d’Ormale, den sie im Umfeld von Jean-Marie Le Pen kennengelernt hatte. In ihrer Autobiografie beschrieb sie den damaligen Front-National-Chef als charmant, intelligent, als jemanden, der – wie sie – von bestimmten Entwicklungen „revoltiert“ sei. Gemeint war vor allem die Einwanderung, die sie als bedrohlich empfand. Worte, die nicht im luftleeren Raum standen, sondern Teil eines ideologischen Fundaments waren.



Besonders schwer wogen jene Aussagen, die ihr zwischen 1997 und 2008 mehrere Verurteilungen wegen Volksverhetzung einbrachten. Bardot äußerte sich wiederholt islamfeindlich, vor allem im Zusammenhang mit dem muslimischen Opferfest. In offenen Briefen und Zeitungsartikeln sprach sie von einer „Überfremdung“, von einer Unterwerfung Frankreichs unter muslimische Bräuche. Das war keine beiläufige Provokation mehr, das war gezielte sprachliche Eskalation. Die Justiz reagierte, mehrmals, mit Geldstrafen.

Ihr Buch „Un cri dans le silence“ markierte 2003 einen weiteren Tiefpunkt. Darin beschrieb Bardot Muslime als Teil einer gefährlichen, schleichenden Infiltration, die sich weder an Gesetze noch an Traditionen halte. Auch Homosexuelle wurden Ziel ihrer Tiraden, ebenso wie das, was sie abschätzig als „Metissage“ bezeichnete. Die Sprache war roh, verletzend, entmenschlichend. Wieder folgte eine Verurteilung. Und wieder zeigte Bardot keinerlei Reue.

Selbst in hohem Alter blieb sie ihrer Linie treu. 2019 diffamierte sie die Bevölkerung von La Réunion in einem offenen Brief als „degeneriert“, diesmal unter dem Vorwand des Tierschutzes. 2021 verurteilte ein Gericht sie wegen öffentlicher Beleidigung mit rassistischem Charakter zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro. Man hätte denken können, irgendwann kehrt Stille ein. Tat es nicht.

Politisch unterstützte Bardot über Jahre hinweg Kandidatinnen und Kandidaten des rechten Spektrums. 2012 forderte sie Bürgermeister dazu auf, Marine Le Pen die notwendigen Unterstützungsunterschriften zu geben. Sie selbst nannte Le Pen eine bewundernswerte Frau. 2017 stellte sie sich offen gegen Emmanuel Macron, den sie für seine aus ihrer Sicht mangelnde Tierpolitik kritisierte. Ob sie den Front National – später Rassemblement National – wählte, ließ sie offen, ihre Sympathie jedoch machte sie deutlich.

Kurzzeitig setzte sie ihre Hoffnungen auch auf Eric Zemmour, bevor sie sich enttäuscht abwandte und schließlich Nicolas Dupont-Aignan unterstützte. Ideologische Konsistenz spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Der rote Faden blieb der Tierschutz, den sie als moralischen Kompass ihres Handelns verstand – oder zumindest als Rechtfertigung.

Dieser Fokus führte sie sogar in die Nähe internationaler Machtpolitik. 2013 drohte Bardot damit, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, um zwei Elefanten vor der Einschläferung zu retten. In Interviews äußerte sie offen ihre Bewunderung für Wladimir Putin, dem sie mehr Menschlichkeit attestierte als den Präsidenten ihres eigenen Landes. Wenn sie ihn um etwas bitte, so sagte sie einmal, erfülle er es ihr meist. Das klang weniger nach politischer Analyse als nach persönlicher Verklärung.

Dabei betonte Bardot stets, sie sei keiner Partei verpflichtet. Sie habe sogar Jean-Luc Mélenchon kontaktiert, erzählte sie, und würde jeden wählen, der die Forderungen ihrer Stiftung im Wahlprogramm übernehme. Diese Stiftung, die Fondation Brigitte-Bardot, bleibt ihr unbestrittenes Vermächtnis. Ihr Engagement für Tiere war real, beharrlich, wirkungsvoll. Und doch wirft es einen langen Schatten, wenn es immer wieder als Schutzschild für menschenverachtende Aussagen diente.

Brigitte Bardot war nie nur die blonde Göttin von Saint-Tropez. Sie war auch eine Frau, die bewusst aneckte, die provozierte, manchmal einfach drauflosredete – nach dem Motto: Mir doch egal, was ihr denkt. Das mag für Fans Ausdruck von Unabhängigkeit gewesen sein. Für viele andere blieb es schlicht verletzend. Und genau diese Ambivalenz macht ihr Erbe so kompliziert. Eine Ikone, ja. Aber eine mit Rissen. Deutlichen.

Von C. Hatty

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