Tag & Nacht

Der französische Präsident Emmanuel Macron wird am Samstag im Élysée-Palast eine Zeremonie zum 60. Jahrestag des Abkommens von Évian und des Waffenstillstands in Algerien leiten. Rund 200 Gäste sind geladen.

60. Jahrestag des Abkommens von Evian und des Waffenstillstands in Algerien mit einer Zeremonie im Élysée-Palast, bei der Emmanuel Macron erneut für eine „Beruhigung“ der Erinnerungen auf beiden Seiten des Mittelmeers plädieren wird.

Der Jahrestag wird mit einer gewissen Ruhe und Diskretion begangen, mitten im Wahlkampf, drei Wochen vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen.

Sechzig Jahre später ist der 19. März 1962, der Tag, an dem der Waffenstillstand zwischen der französischen Armee und den algerischen Unabhängigkeitskämpfern in Kraft trat, immer noch umstritten. Er wurde 2012 per Gesetz als „Nationaler Tag des Gedenkens und der Besinnung auf die zivilen und militärischen Opfer des Algerienkriegs und der Kämpfe in Tunesien und Marokko“ festgeschrieben.

Viele in Frankreich lebende Algerier sind der Ansicht, dass das Abkommen von Evian nicht das Ende des 1954 begonnenen Algerienkriegs markiert, da die Gewalt noch bis zur Unabhängigkeit Algeriens am 5. Juli 1962 anhielt und erst mit der Flucht Hunderttausender nach Frankreich endete.

Diese Ansicht wird von mehreren Präsidentschaftskandidaten der Rechten und der extremen Rechten unterstützt. So verpflichtete sich Valérie Pécresse (LR), „ein anderes Datum“ als den 19. März zu finden, um an das Ende des Algerienkriegs zu erinnern. Denn „80% der zivilen Opfer fielen nach dem Abkommen von Evian“, sagte sie am Freitag und erinnerte an die Schießerei in der Rue d’Isly in Algier am 26. März 1962 oder das Massaker von Oran am 5. Juli 1962.

Marine Le Pen (RN) betonte ebenfalls, dass sie dieses Datum „seit langem“ anzweifle, da „es Zehntausende Harkis gab, die nach dem 19. März 1962 brutal ermordet wurden“.

Angesichts dieser Kontroverse stellt der Élysée-Palast die Gedenkfeier am 19. März als „eine Etappe“ auf dem Weg des Gedenkens dar, „aber es ist nicht das Ende“.

Um 12 Uhr wurden rund 200 Gäste in den Festsaal des Élysée-Palastes eingeladen, die Zeugen aller mit dem Algerienkrieg verbundenen Erinnerungen repräsentierten: Unabhängigkeitskämpfer, Harkis, Vetranen oder Mitglieder ihrer Familien.

Vor der Rede von Emmanuel Macron werden vier Personen das Wort ergreifen, die am Programm „Histoire et mémoires de la guerre d’Algérie“ (Geschichte und Erinnerungen an den Algerienkrieg) teilgenommen haben, insbesondere durch Vorträge in Sekundarschulen und Gymnasien.

Die französische Armeeministerin Florence Parly, der Chef des Generalstabs der Streitkräfte Thierry Burckhard sowie gewählte Vertreter, darunter der Bürgermeister von Montpellier, Michaël Delafosse (PS), der Stadt, in der das künftige Museum für die Geschichte Frankreichs und Algeriens entstehen soll, werden ebenfalls anwesend sein.

Der algerische Botschafter in Frankreich, Mohamed-Antar Daoud, wurde ebenfalls eingeladen.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind im Vorfeld der Wahlen nach zwei Jahren der Spannungen inzwischen von einer gewissen Beruhigung geprägt.

Das Ziel dieser Gedenkfeier ist „Versöhnung“ und „Beruhigung“ und bleibt das gleiche wie bei den vorherigen Treffen, die seit Beginn der fünfjährigen Amtszeit Macrons rund um den Algerienkrieg organisiert wurden.

Emmanuel Macron hat durch eine Reihe von Gesten versucht, „Frankreich und Algerien zu versöhnen“, wie der Elysée-Palast erinnerte.

Den Empfehlungen des Historikers Benjamin Stora folgend, erkannte Macron die Verantwortung der französischen Armee für den Tod des kommunistischen Mathematikers Maurice Audin und des nationalistischen Anwalts Ali Boumendjel während des Kampfs um Algier im Jahr 1957 an.

Im französischen Amboise wurde eine Stele zum Gedenken an Abd el-Kader, den algerischen Nationalhelden und Kämpfer gegen die französische Kolonialpräsenz, errichtet und die sterblichen Überreste algerischer Widerstandskämpfer wurden an Algerien zurückgegeben.

Algier, das von Frankreich eine offizielle Entschuldigung für die Kolonialisierung fordert, gab sich bisher allerdings nicht mit diesen Gesten zufrieden. „Es ist eine Hand, die ausgestreckt ist und die ausgestreckt bleiben wird“, betonte der Élysée-Palast jedoch.


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