Jedes Jahr am 25. November erhebt sich weltweit eine mächtige Stimme, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, das viel zu oft im Verborgenen bleibt: Gewalt gegen Frauen. Dieser Tag, der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, ist ein Mahnmal, eine Aufforderung zur Veränderung und ein Symbol der Solidarität.
Doch was bedeutet es eigentlich, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen? Geht es „nur“ um häusliche Gewalt, oder müssen wir den Blick weiter fassen?
Die Dimensionen des Problems
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter: körperlich, psychisch, wirtschaftlich, sexualisiert. Sie findet in den eigenen vier Wänden statt, am Arbeitsplatz, auf der Straße und im digitalen Raum.
Die Statistiken sprechen eine erschütternde Sprache. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben etwa 35 % der Frauen weltweit mindestens einmal in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt erlebt. Allein in Deutschland meldeten die Polizeibehörden im Jahr 2022 über 143.000 Fälle partnerschaftlicher Gewalt – 80 % der Opfer waren Frauen.
Und dennoch bleibt das wahre Ausmaß oft unsichtbar, denn viele Frauen schweigen. Angst, Scham und fehlende Unterstützung führen dazu, dass Gewalt viel zu selten gemeldet wird. Wie viele Frauen leben in ständiger Furcht, ohne dass ihre Stimmen gehört werden?
Warum der 25. November?
Der Tag geht auf ein düsteres Kapitel der lateinamerikanischen Geschichte zurück. Am 25. November 1960 wurden die drei Mirabal-Schwestern, politische Aktivistinnen aus der Dominikanischen Republik, brutal ermordet. Sie waren Opfer eines diktatorischen Regimes, das ihre Forderungen nach Freiheit und Gerechtigkeit nicht dulden wollte.
Heute steht dieser Tag für den Kampf gegen jegliche Form von Gewalt, die Frauen in ihrer Freiheit und Würde einschränkt.
Gewalt ist kein Einzelfall – sie ist strukturell
Es wäre ein Fehler, Gewalt gegen Frauen lediglich als privates Problem zu betrachten. Sie ist Ausdruck tiefer gesellschaftlicher Ungleichheiten. Gewalt entsteht nicht im luftleeren Raum – sie ist eingebettet in patriarchale Strukturen, die Frauen als schwächer, unterlegen oder gar als Besitz ansehen.
Diese Strukturen finden sich überall: in stereotypen Rollenbildern, ungleichen Machtverhältnissen und einem Rechtssystem, das Täter oft mehr schützt als die Opfer.
Ein Beispiel? In vielen Ländern werden Frauen gezwungen, Vergewaltiger zu heiraten, um die „Ehre“ der Familie zu wahren. Solche Praktiken zeigen, wie tief verwurzelt die Problematik ist.
Die Verantwortung der Gesellschaft
Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist keine Aufgabe, die Frauen allein tragen können oder sollten. Sie geht uns alle an – Männer, Frauen, Kinder, Regierungen, Unternehmen und Institutionen.
Aber was können wir konkret tun? Es beginnt mit Aufklärung. Schon in Schulen sollten Kinder lernen, was Gleichberechtigung bedeutet, wie sie Grenzen respektieren und Konflikte gewaltfrei lösen können.
Ein weiterer Schritt ist die Schaffung sicherer Räume für Betroffene. Frauenhäuser, Notrufnummern und Beratungsstellen retten Leben, sind jedoch vielerorts unterfinanziert. Hier braucht es mehr politisches Engagement und nachhaltige Investitionen.
Auch die Justiz muss ihre Rolle besser erfüllen. Die Verurteilungsquote bei Gewaltverbrechen gegen Frauen ist erschreckend niedrig, was viele Täter ermutigt, weiterzumachen. Ein stärkerer Fokus auf Opferrechte ist dringend notwendig.
Digitaler Raum – ein neues Schlachtfeld
In der digitalen Ära hat Gewalt eine neue Dimension erreicht. Cybermobbing, Rachepornos, Drohungen und Hassbotschaften treffen Frauen unverhältnismäßig oft. Frauen, die ihre Meinung öffentlich äußern – sei es in der Politik, in den Medien oder im Aktivismus –, werden systematisch eingeschüchtert.
Doch der digitale Raum kann auch ein Ort der Solidarität sein. Kampagnen wie #MeToo oder #NiUnaMenos haben gezeigt, wie Frauen weltweit digitale Plattformen nutzen, um ihre Geschichten zu teilen, sich zu vernetzen und Veränderungen anzustoßen.
Symbolik und Realität: Was der 25. November bewirken kann
Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist ein symbolischer Tag – aber seine Wirkung reicht weit über diese 24 Stunden hinaus. Er erinnert uns daran, dass jeder von uns eine Rolle dabei spielt, Gewalt zu beenden.
Es geht um Sensibilisierung, um die Stärkung von Frauen und darum, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Es geht um Gesetze, die Frauen schützen, und um eine Kultur, die Gewalt nicht toleriert.
Ein Funken Hoffnung
Trotz der bedrückenden Zahlen gibt es Hoffnung. Überall auf der Welt stehen Frauen auf, erzählen ihre Geschichten und fordern ihr Recht auf ein Leben in Sicherheit. Sie lassen sich nicht mehr zum Schweigen bringen – und ihre Stimmen werden lauter.
Der 25. November ist eine Erinnerung daran, dass Veränderung möglich ist. Es ist ein Tag, an dem wir nicht wegsehen, sondern hinhören. Ein Tag, an dem wir uns fragen sollten: Was kann ich tun, um Gewalt zu verhindern?
Denn jeder kleine Schritt zählt – und zusammen können wir eine Welt schaffen, in der Frauen nicht nur leben, sondern frei und sicher sein können.
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