Tag & Nacht

Vor etwa einem Jahrzehnt prägte der Begriff „Wolfskrieger“ die Diskussionen über Chinas Außenpolitik. Dieser Ausdruck bezeichnete chinesische Diplomaten, die in öffentlichen Foren, insbesondere in sozialen Medien, vehement gegen jegliche Kritik an China vorgingen. Mit Sarkasmus und Empörung verteidigten sie die Interessen ihres Landes und spiegelten damit das Selbstbewusstsein einer aufstrebenden asiatischen Macht wider, die nicht bereit war, ausländische Zurechtweisungen zu tolerieren. Der Begriff entstammt populären chinesischen Filmen, in denen mutige chinesische Friedenssoldaten in fernen Ländern die Oberhand gewinnen, oft gegen hinterlistige westliche Widersacher.

Heute scheint es, als habe die US-Diplomatie unter Präsident Donald Trump ihre eigenen „Wolfskrieger“ hervorgebracht. Im Inland demontieren Trumps Verbündete in atemberaubendem Tempo staatliche Institutionen. Auf internationaler Bühne orientiert seine Administration die Nutzung der diplomatischen Macht der USA neu, indem sie drastische Kürzungen vornimmt, die zentrale Säulen des internationalen humanitären Systems gefährden, und Zweifel an Washingtons Engagement gegenüber traditionellen Alliierten aufkommen lässt.

Eine aggressive Neuausrichtung der US-Außenpolitik

Für Trump und seine Berater sind diese aggressiven Maßnahmen – darunter die Androhung von Handelskriegen gegen Nachbarländer und das scheinbare Übergehen europäischer Bedenken in Verhandlungen mit dem Kreml über den Ukraine-Krieg – Teil einer notwendigen Neugewichtung des internationalen Systems. Ähnlich wie Chinas „Wolfskrieger“, die auf vermeintliche Pläne zur Untergrabung chinesischen Einflusses empfindlich reagierten, glauben sie, dass die USA von anderen Mächten unfair behandelt wurden und nun ihren gerechten Anteil einfordern müssen, selbst wenn dies bedeutet, die Gefühle von Freunden zu verletzen.

Trumps „Wolfskrieger“ erinnern unmissverständlich an die radikal ideologische Ausrichtung der neuen Administration. Ein prominenter Gesandter des Weißen Hauses versuchte Berichten zufolge, Rumänien unter Druck zu setzen, Nachsicht in den Strafverfahren gegen die Tate-Brüder zu üben, ein Duo populärer rechtsextremer Influencer, die des Menschenhandels und anderer Verbrechen beschuldigt werden. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz bezeichnete Vizepräsident JD Vance Europas liberales Establishment als größere politische Bedrohung als Russland und China. Das Publikum in München interpretierte seine Äußerungen weitgehend als Zugeständnis an Vances rechtsgerichtete Basis im Inland und online sowie an rechtsextreme Verbündete auf dem Kontinent. Ein Diplomat nannte seine Rede gegenüber der französischen Tageszeitung Le Monde „eine faschistische, anti-europäische Rede“.

Die Folgen für internationale Beziehungen und Allianzen

Die strategischen Vorteile des amerikanischen „Wolfskrieger“-Ansatzes sind unklar. Trumps außenpolitische Berater sehen sich als Realisten, doch Realismus bedeutet nicht, ohne Verbündete zu agieren. Es ist eine sehr kurzfristige Version der Außenpolitik, eine „Was-hast-du-mir-zuletzt-gebracht“-Politik. Diese Haltung könnte langfristig die internationalen Beziehungen der USA belasten und das Vertrauen traditioneller Partner erschüttern.

Singapurs Verteidigungsminister Ng Eng Hen äußerte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, dass unter Trump die „moralische Legitimität“ der USA in Asien schwinden könnte. Trumps transaktionaler Ansatz und sein offensichtliches Bestreben, Partner zu Zugeständnissen zu zwingen, die denen von Vasallenstaaten ähneln, seien ein Schlag für die „Soft Power“ der USA. „Das Bild hat sich vom Befreier zum großen Unruhestifter zu einem Vermieter gewandelt, der Miete einfordert“, sagte er.

Ähnlich wie bei Chinas „Wolfskrieger“-Diplomatie könnten die USA durch diesen konfrontativen Stil mehr Feinde als Freunde gewinnen. Trumps Außenpolitik-Team besteht aus geschäftsorientierten Individuen wie Steve Witkoff, anstelle von erfahrenen Diplomaten. Volodymyr Selenskyjs Versuch, Trump durch das Angebot ukrainischer Ressourcen für Sicherheit zu gewinnen, unterstreicht die transaktionale Natur der US-Diplomatie unter Trump, die wirtschaftlichen Hebelwirkungen den Vorzug vor humanitären Werten gibt. Diese Entwicklung wird langfristig das internationale Ansehen und die Führungsrolle der USA deutlich untergraben.

Die Auswirkungen auf globale Machtverhältnisse

Trumps Ansatz könnte politischen Rivalen wie Russland und China in die Hände spielen, deren Vertreter seit Langem die US-Heuchelei und Hegemonie auf der Weltbühne anprangern. Mit jeder Aussage Trumps, die das Prinzip untergräbt, dass territoriale Grenzen nicht mit Gewalt oder Zwang neu gezogen werden dürfen, feiern Propagandisten in Peking wahrscheinlich stille Triumphe. Während China inmitten seiner „Belt and Road“-Initiative weltweit in Infrastrukturprojekte investiert, scheint die Trump-Administration wenig Interesse daran zu haben, ein überzeugendes Gegenargument zu bieten. Stattdessen könnten die USA durch ihre aggressive und unilaterale Außenpolitik ihre traditionellen Allianzen schwächen und ihren globalen Einfluss reduzieren.

Ein Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik

Die aktuelle US-Außenpolitik unter Trump markiert einen deutlichen Bruch mit traditionellen diplomatischen Normen. Durch die Betonung von transaktionalen Beziehungen und die Missachtung etablierter Allianzen riskieren die USA, ihre globale Führungsrolle zu verlieren und das internationale Machtgleichgewicht zugunsten totalitärer Mächte wie China zu verschieben. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Kurswechsel langfristig den Interessen der USA dient oder ob er zu einer Isolation und einem Bedeutungsverlust auf der Weltbühne führt.

Autor: P.T.

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